Freitag, 29. April 2011

Zum Ende der Starkbierzeit... (oder: Bockbier Teil 1)

Mit dem Osterfest ging am letzten Wochenende die entbehrungsreiche Fastenzeit hier im katholischen Bayernland zu Ende. Als Rückblick auf diese Zeitspanne gibt es heute eine kleine Frühlingsbierprobe, die insbesondere einen Blick auf die Münchner Starkbiere werfen soll, die nicht nur aus (Holz)Fässern in ausgesuchten Wirtschaften, sondern eben für jedermann erhältlich im Getränkefachhandel zu haben sind/waren.
Allen Starkbieren, die in der Tradition des untergärigen Bock- bzw. Doppelbockbiers stehen, gemein sind die nur leichten Bitternoten. Malzig und mit karamelligem Geschmack soll das "flüssige Brot" schließlich ausgestattet sein. Geschichten zur Herkunft des "Bocks" und zum Starkbieranstich erspare ich mir. Los geht's.

Als erster durfte der "Salvator" (7,9% Vol., 18,3° Stammwürzegehalt) - quasi das Ur-Starkbier - in den Krug. Das "Paulaner" ist nicht nur optisch in hellem Mahagoni eine Erscheinung. Seine hopfige Nase macht geradezu Appetit auf mehr. Und das "Mehr" bekommt der Bierfreund dann auch geliefert: Dominante Honigsüße, vollmundige, wärmende Aromen, immer butterig-malzig und klassische Karamellaromen. Der "Salvator"-Doppelbock ist weiterhin der Archetyp dieser Kategorie. Gut, besser,...

Moment. Da hat sich doch ein "Zuagroaster" eingeschlichen! Stimmt: Der "Quirinus" (7,0% Vol., 18,5°) nennt sich "Tegernseer Dunkler Doppelbock" und kommt vom Herzoglichen Bayerischen Brauhaus Tegernsee. Das "Tegernseer" ist aber von München bis Berlin berühmt (und erhältlich) und daher auch hier willkommen zumal sein Schaum sehr lange im Glas steht und es obwohl von dunklerer Farbe dem "Salvator" in dessen Geschmacksstruktur gleicht. Sehr gelungen ist dieses Bier von der aromatischen Nase bis zum malzaromatischen Nachhall.

Mit 7,5% Vol. steht das "Maximator"-Starkbier, von der letzten in Privatbesitz befindlichen Münchner Großbrauerei "Augustiner", zwischen den beiden Erstgenannten. Verstecken muss sich dieses rare Gebräu jedoch nicht: Hier dominieren neben Honig und Karamell geröstetes Malz und einige (rote?) Beeren. Das "Augustiner" ist so etwas würziger und wirkt aufgrund seiner Ausgewogenheit eine Spur leichter.

Der naturtrübe Doppelbock "Animator" mit 8,1% Vol. und jetzt 19,3° Stammwürze aus dem selbsternannten "Himmel der Bayern" ("Hacker-Pschorr") ist der muskelbepackte Schwarzenegger unter den Münchner Flaschenbieren. Auch er schäumt lange und stabil, doch kann er neben aller Würze eine leichte Säure nicht verheimlichen. Das hat mir weniger gefallen. Dieser Bruder ist einfach nicht ausgeglichen.

Im Vergleichstest durchgefallen ist der "Löwenbräu Triumphator" (7,6% Vol., 18,2°). Dieser dunkle Doppelbock wirkte überröstet und so etwas brenzlig. Dazu kamen reichlich süße Malzaromen gepaart mit ebenfalls einer Spur Säure. Das war nicht das, was ich mir beim Starkbier erhoffe.

Fazit: Der "Salvator" bleibt der Übervater und der "Quirinus" ist mein Außenseitertip. Wer keinen der beschriebenen Trunke mehr im Keller hat, muss bis 2012 warten, wenn es Mitte März wieder "O'zapft is!" heißt.

Donnerstag, 28. April 2011

The Dimi Files - Part 1: KC25



Ich darf auf die Lektüre zum Film hinweisen und mich an dieser Stelle nochmals beim Barnetzwerk Frankfurt für die Einladung und die herzige Aufnahme bedanken. Cheerio!

Update: Ich darf noch nachtragen, dass das zugrundeliegende Werk im Jahr 1954 den Munkepunke-Preis erhielt.

Freitag, 22. April 2011

Wiedervorlage: Aged Jamaica Rum

Da den durstigen Tiki- und sonstigen Kehlen dieser Republik derzeit der "Smith & Cross" Rum in Strömen durch die selbigen zu rinnen scheint, hier noch ein kurzer Hinweis auf zwei Wesensverwandte. Während der "S&C" ein Blend aus mittelschweren Plummer- und körperreichen Wedderburndestillaten ist, wobei hier der Wedderburn nur (mindestens) ein Jahr gereift wurde, findet sich in der aktuellen 2010er Range namens "Bristol Classic Rum" des britischen Abfüllers "Bristol Spirits Limited" ein reines, 8jähriges Wedderburn Destillat, das unter dem Namen "Vale Royal Wedderburn" zu finden ist. Sein Pendant stammt aus einer 2008er Abfüllung für "Cadenhead´s" Serie "Dated Distillation" und kommt - ebenfalls nach achtjähriger Lagerzeit - aus dem Hause Hampden Estate. Diese Brennerei liefert offenbar auch den Rum für "S&C". Aha.Nun aber zu den beiden Hauptdarstellern aus der "Home Trade Quality"-Kategorie. Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal liegt schon in der Alkoholstärke bei Abfüllung. Der "Bristol" kommt mit zivilen 43% Vol. - der "Cadenhead's" mit stattlichen 63,2% Vol. - in die Flasche. Das ist zu berücksichtigen, wenn wir uns den beiden karibischen Freunden nähern. Der "Bristol" erscheint mir trotz seines Esteranteils von irgendwo über 300 ppm als ein milder, ausgewogener Genosse - bestens ausgestattet mit fruchtiger Süße in der Nase und deutlichen aber wohligen Vanille-Holztönen am Gaumen. Er wurde übrigens in Ex-Cognacfässern gelagert und stammt aus der Lond Pond Distillery. Der jugendliche "S&C" ist dagegen wesentlich schroffer aber auch süßer. Mit einer leicht stechenden, eichigen Alkoholnase tritt der "Cadenhead´s" auf. Dieser Eindruck verfliegt aber schnell, wenn der Stoff prickelnd auf Zunge und Gaumen des Genießers trifft. Zunächst eröffnet der Rum mit trockenen Früchten, um schnell zu süßen Aromen wie vollreifen Mangos überzugehen. Der Abgang ist lang und von vanillereichen Fassnoten geprägt. Großartig!

Die beiden Jahrgangsabfüllungen überzeugen voll und ganz und stellen zweifelsohne mehr als gelungene Beispiele traditioneller jamaikanischer Brennkunst dar. Die aktuellen, komplexen Blends von Appleton lassen diese Ursprünglichkeit - bei all ihrer Klasse - leider ein wenig vermissen.

Sonntag, 17. April 2011

Hendrick's Deconstruction Workshop

Xavier Padovani, weltbekannter Mixologe und langjähriger Markenbotschafter für "Hendrick's" Gin, lud kürzlich in die "Goldene Bar" in München ein, um rund 30 anwesenden Bartendern Wissenswertes rund um "Hendrick's" Gin zu vermitteln.
Bevor es um die Herstellungsweise des bekannten "Gurkengins" ging, gab Xavier einige Daten zu "Hendrick's" (Vertrieb in 62 Ländern!), der geschichtlichen Entwicklung eines medizinischen Tonikums über Jenever zum heutigen London Dry Gin und den aktuellen gesetzlichen Ginkategorien zum besten.Neben allerlei Know-How zu Essenzen und Botanicals finde ich besonders bemerkenswert, dass der "Hendrick's" aus zwei auf verschiedene Weise hergestellten Destillaten geblendet wird. Zum einen wird ein relativ schwerer Brand im klassischen Potstillverfahren (hier eine Bennett Still, die aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammt) mit Botanicals, die 24-36 Stunden in Neutralsprit eingeweicht wurden, gewonnen. Zum anderen kommt eine Carterhead Still aus dem Hause John Dore (aus dem Jahr 1948) zum Einsatz in deren Lyne Arm ein Korb mit den gleichen Botanicals wie in der Bennett Still (wenn auch in anderer Zusammensetzung) montiert ist. Hier kommt also erst der Alkoholdampf mit Wacholder, Koriander etc. in Berührung. Das Resultat - ein wesentlich leichteres - Destillat wird anschliessend mit dem schwereren Bruder vereinigt, wobei das Mischungsverhältnis nicht offiziell preisgegeben wird. Verwendung findet jeweils nur der Middlecut mit rund 80% Vol. Zur Vollendung werden Essenzen von holländischer/belgischer Gurke und bulgarischer Damaszener Rose - in äußerst geringen Mengen übrigens - zugegeben. Der so gewonnene Gin wird auf 44,0 bzw. 41,4% Vol. reduziert und in die bekannte Apothekerflasche abgefüllt.
An dieser Stelle noch ein paar zusätzliche Daten (für Ginfreaks). Die im Brennvorgang in der Bennett Still verwendete Orangenschale wird im Gegensatz zu der in der Carterhead Still verwendeten zerkleinert. Destillate aus Carterhead Stills wurden früher zur Reinigung anderer Brennanlagen verwendet. Der superleichte "Bombay Sapphire" Gin wird ebenfalls mittels Verwendung einer Carterhead Still hergestellt. Die Destillerie des Hauses William Grant, zu dem "Hendrick's" gehört, stellt auch den Old Tom Gin des Dorchester Hotels her.

Verkostet wurden im Rahmen der Deconstruction die Ausgangsdestillate, deren Kombination, die beiden eingesetzten Essenzen (nur Nosing in stark verdünnter Lösung), der fertige Hendrick's mit 70% Vol. und der im Handel erhältliche 44%ige Gin. Dabei fiel mir v.a. die hochprozentige Variante durch ihre extreme Weichheit auf.

In der Folge stürzten sich die Teilnehmer mit großem Appetit auf das erstklassige Buffett und mit Fragen auf den Referenten. Bei G&T - natürlich mit Gurke - ging ein informativer Abend zu Ende.

Hayman's - Broker's - Smith & Cross

Ins Münchner Wasserwerk luden Barzirkel und "Sierra Madre" zu einer Lektion in Sachen Gin und Jamaica Rum ein. Oliver von Carnap (derzeit Barchef im Hotel Lux) führte durch das Programm und begann mit einer kleinen Zeitreise durch die Entstehungsgeschichte der Spirituosen im allgemeinen und des Gin im besonderen. Dabei wurde auch kurz die Firmenhistorie des Hauses "Hayman" und die Verbindungen zu "Beefeater" beleuchtet.
Verkostet wurden im Anschluss "Hayman's" Sloe Gin, ein 26%iger Schlehen-Ginlikör, und im Vergleich dazu der ähnlich angelegte Sloe Gin von "Gordon's". Mir gefiel der spritzige "Hayman's" besser, denn der "Gordon's" wirkte doch etwas plump und zu zuckrig. Ähnlich positiv fiel das Urteil zu "Hayman's" Old Tom Gin (40% Vol.) aus, der es mit dem in Deutschland produzierten "Both's" Old Tom Gin (47% Vol.) aufnehmen musste. Während der gesüßte Verteter von der Insel wesentlich mehr beim Wacholder steht, hat "Both's" ein komplexes Kräuteraroma mit Citrusnase, minziger Frische und leichten Bitternoten - nicht schlecht, aber der "Hayman's" erscheint eben mehr als Gin und weniger als Kräuterdestillat.


Zu guter letzt standen sich noch "Broker's" London Dry Gin und "Beefeater" London Dry Gin gegenüber. Beide werden mit 47% Vol. abgefüllt. Wer den "Broker's" schon kennt und sich von dessen Äußerlichkeiten ("Innen gut, außen mit Hut") nicht abschrecken lässt, weiß auch um dessen Stärken: klare Wacholderausrichtung, runder Brand, crispy Finish. Das Fazit der Runde war so auch durchaus positiv und der Banker braucht sich hinter den Wachhabenden nicht zu verstecken.
Da "Sierra Madre" den Deutschlandvertrieb für den wiedererschaffenen Rumblend "Smith & Cross" (57% Vol.) übernommen hat und dieses Produkt auch mit "Hayman's" in Verbindung steht, bot Herr von Carnap auch hierzu noch einige Informationen. "S&C" wird aus zwei jamaikanischen Pot Still-Rumsorten von der Hampden Estate namens Wedderburn und Plummer in London geblended und verkörpert den Archetyp des schweren full-bodied Jamaica Rums. Er ist sehr fruchtig und hat einen hohen Esteranteil. Damit ist er definitiv kein Sippingrum, sondern steht für Cocktails bereit, die nach hocharomatischem Rum verlangen. Auch im Tikidrink macht er so eine gute Figur. Das Tasteforum stimmte jedenfalls Herrn von Carnap zu als der ihn zum "full contact rum" erklärte. Yeah! Ich bin ebenfalls sehr angetan, da damit ein guter und erschwinglicher Ersatz für den mittlerweile sehr raren "Inner Circle Green Dot" gefunden ist.
In der abschliessenden Openbarsession wurden unzählige Gin- und Rumdrinks kreiert und serviert, deren Rezepte bald in einem kleinen Booklet erscheinen sollen. Hier schon vorab mein...

Kiss The
Carpet Carnap

4cl Smith & Cross O.P. Rum

4cl Kirschpüree (Ponthier)

2cl Crème De Cacao Blanc (Briottet)

2 Dash Mozart Chocolate Bitters
shake & strain in Cocktailschale