Freitag, 27. Mai 2011

Barzirkel @ Martini & Rossi

Turin, die Stadt am Po, war das Ziel einer langen, aber nie langweiligen Reise zu der "Bacardi-Deutschland" eine Abordnung des Münchner Barzirkels in den Piemont eingeladen hatte. Ich war auch dabei und das hier ist mein schonungsloser Bericht der alles Wissenswerte und Belanglose aber auch alles Schockierende ans grelle Licht der Öffentlichkeit zerren wird.
A propos "grelles Licht": Um 9 Uhr am frühen Morgen ging es via Ausflugsbus vorm Padres los nachdem ordentlich "aufmunitioniert" worden war. Doch Füßehochlegen war nicht. Die Barzirkeladministration hatte für die ahnungslosen Reisenden, die dafür in zugeloste Zweierteams eingeteilt wurden, einen Aufgabenparcours vorbereitet. Mit einem Budget von jeweils 10 EUR mussten bei Tank- und sonstigen Zwangsstops innerhalb von 15 Minuten drei Drinks gemixt werden, die dann von einer Technik- und einer Blindjury bewertet wurden. Das Geld war für den Spontaneinkauf von passenden Zutaten gedacht. Da "Bombay Sapphire", "Grey Goose" und diverse "Martini"-Produkte sowieso in großer Menge mitgeführt wurden und Überraschungsliköre (Sour Apple, Mozart Amadé,...) blind aus einer Tasche gezogen werden mussten, ging es dabei mehr um Deko (a must!), frische Früchte und andere Gimmicks. Um es kurz zu machen: Der beste Drink des Wettbewerbs, ein kräftiger Dry Martini mit Schweizer Bergwacholderextrakt vom Duo König/Körper (KöKö), wurde von einer offensichtlich überforderten Jury abgewertet und kam nur auf den letzten Rang. Skandalös! Aber so vergingen die Stunden...
Nach einem nächtlichen Mehrgänger in einem (nahe am Wasser gebauten) Turiner Ruderclub trat unsere Gruppe am nächsten Tag den Weg ins nahe Pessione zu Heim und Produktionsstätte von "Martini & Rossi", an. Der Empfang war herzlich. Die großzügigen Räumlichkeiten der firmeneigenen Terazza-Lounge und Bar luden zum ausgiebigen Verweilen ein und so kam schnell Urlaubsstimmung auf. O bella Italia!
In "Mondo Martini" - dem medientechnisch topaktuellen Firmenmuseum - bekamen wir dann einen Einblick in Entstehung, Geschichte und Bedeutung des weltweit bekannten Hauses und seiner Produkte. Wer es noch nicht wusste: Drei Herren kauften 1863 eine in Turin ansässige Spirituosenfirma, wo sie z.T. gearbeitet hatten, inkl. Produktionsstätte und benannten sie in "Martini Sola & Co." um. Der Siegeszug des "Martini" geht auf die erfolgreichen Bemühungen des Alessandro Martini zurück, der seine Produkte - allen voran den "Martini Rosso" - weltweit bei Ausstellungen und Messen vorstellte. Werbung mit von den damaligen Top-Plakatmalern gefertigten Reklamepostern, später dann Sport- und Kultursponsoring und das "Martini Terazze"-Konzept sowie TV-Spots mit prominenten Schauspielern, Models usw. trug wesentlich zum wirtschaftlichen Erfolg und dem enormen Bekanntheitsgrad der Marke "Martini" bei. Die als letzte der großen Wermutproduzenten gegründete Firma wurde so der heutige Globalplayer mit einem Absatz von 400.000 Flaschen - pro Tag! In "Mondo Martini" werden neben historischen Dokumenten und staubigen Flaschen alle diese Bausteine gezeigt und umfassend kommuniziert. Hinter der Ausstellung steht ein über 10 Jahre aufgearbeitetes Archiv, das Wissenschaft und (Geschichts)Forschung zur Verfügung steht. Eine besondere Würdigung entfällt dabei auf die Familie des ersten Produktionsleiters Luigi Rossi. Dessen Söhne übernahmen nach dem Tod der drei Firmengründer Anfang des 20. Jahrhunderts die Geschicke von "Martini & Rossi" und führten, u.a. mit der Einführung des Extra Dry Vermouths (1899) und des "Martini Bianco" (1910), die Erfolgsgeschichte weiter.
Neben all diesen historischen Informationen gab es auch einen Einblick in die Zusammensetzung der gängigen "Martini"-Wermuts und der Schaumweine bzw. deren Produktion. Neben den Infos unserer kompetenten Führerin brachten uns zwei kurze Filme auf einen gemeinsamen Wissenstand, der im Botanicalsraum und im Gespräch mit dem Global Brand Ambassador Giuseppe Gallo, der aus London eingeflogen war, und den Herren Brezza und Masso (Head Winemaker und Master Blender) noch vertieft wurde. Signore Gallo servierte dann klassische Drinks wie Martinez und Dry Martini aber auch aktuelle Signatures wie den Martini Royale (1/2 Martini Rosato + 1/2 Martini Prosecco) oder die "Martini Gold"-Drinks Gold Finger und Gold Royale. Für viele der Teilnehmer überraschend war die hohe Qualität der "Martini"-Schaumweine. Insbesondere der halbtrockene "Martini Rose", der aus Most UND Wein verschiedener Traubensorten hergestellt wird und daher schon deshalb einzigartig ist, wusste zu gefallen. Schade, dass dieses Produkt (noch) nicht in Deutschland erhältlich ist. Aber auch der "Martini Rosato" (die einzige Vermouthrezeptur mit Rotwein) und der "Martini Gold", für den edelster Safran verwendet wird, wurden im Zusammenspiel mit Limette bzw. frischem Ingwer eingängiger beleuchtet. Sehr beeindruckend war auch die Verwendung der sog. "Gallone", einer Art überdimensionaler Schwenker mit Ausgiesslippe in dem sich gleich ein paar Martinis auf einmal herstellen lassen. Statt mit dem Löffel zu rühren, wird das Ding einfach in der Hand geschwenkt (im italienischen Onlineshop zum Stückpreis von 69 EUR erhältlich).
Nach Besuchen des Weinmuseums und des "Martini"-Shops fand der Besuch in Pessione mit einem Blick in den großen Raritätenschrank in der Lounge ein Ende. Ein vergnüglicher Abend mit dem unvermeidlichen Aperitivo, Hummer unterm Pizzadeckel und einer Bartour rund um die Piazza Vittorio Veneto mit köstlichen (?) Kahlua-Absinth-Shots rundeten den Roadtrip ab.
Mein Fazit: "Mondo Martini" sollte man gesehen haben, wenn man sich mit Spirituosen- und Cocktailgeschichte ernsthaft auseinander setzt. Turin hat zwar neben vielen Espressobars nur wenig für den Liebhaber klassischer Cocktails zu bieten, dafür ist auf der Piazza aber morgens um 2 noch der Bär los. Und: Touristen haben wir keine gesehen - wir selbst waren ja auch aus rein wissenschaftlichen Gründen dort.

Kontakt "Mondo Martini": mondomartini@bacardi.com
Telefonische Anmeldung: +39 011 94191


Ich darf an dieser Stelle nochmals meinen Dank an Michaela Barth und Ihre Kollegen zum Ausdruck bringen.

Freitag, 20. Mai 2011

Grillgötter in der Hausbar

"BEEF!" das "Herrenmagazin für den Fleischfresser" hat sich in den letzten beiden Ausgaben (Nr. 1+2/2011) mit einem interessanten Thema beschäftigt: Der Hausbar. Neben gut geordneten Informationen zu den wesentlichen (und unwesentlichen) Bestandteilen einer solchen bietet man über den Hamburger Spirituosenhändler "Sigvald Hansen" das "BEEF!-Hausbar-Paket" zum Vorzugspreis von 2299,- EUR an. Schnäppchen! "BEEF!" rät u.a. zur Anschaffung von "Louis Roederer Cristal", "José Cuervo Reserva De La Familia", "Tanqueray No.10", etc. Da kann man echt kaum was falsch machen.Besonders löblich "Der kleine Bierfreund" - ein gelungenes Brevier über Bier im allgemeinen und besonderen. Da hat man sich wirklich Mühe gemacht. Aber auch bei den Hauptthemen des Heftes hat sich "BEEF!" verbessert. Gut, es muss jetzt nicht jeder zum "Grillgott" mutieren und in der Küche mit Fleischwolf und Lämmerdärmen eigene Würstchen kreieren. Aber die ein oder andere Anregung zum Lachsbeizen, Pizzabacken und zur Anschaffung nützlicher Hausgeräte ist ja auch enthalten. "BEEF!" ist mittlerweile durchaus erwachsen(er) geworden.

In der Rubrik "Die Flasche meines Lebens" berichten Prominente über eben eine solche. Zuletzt waren das zum einen Ulrich Wickert, der sich über Whisky mit und ohne "e" verbreitet und auf "Bruichladdich 12y" als seine Flasche verweist. Beste Stelle: "Wie schmeckt der "Bruichladdich"? Hm, schwer zu beschreiben. Es ist ein Single Malt,...". Zum anderen rät Christian Ulmen ganz aktuell zum Kauf von "Diplomatico 12y". Bravo, Christian! Soviel Sachverstand hätte ich Dir kaum zugetraut. Stéphanie Souron, die Ulmens Text "aufgezeichnet" hat, schreibt dann aber "...ich bin dankbar für die Lässigkeit, die da zwölf Jahre in kupfernen Pot-Stills gereift ist,...". Oh mei, what a drink!

Dienstag, 17. Mai 2011

American Whiskey powered by "Mad Mike"

Ein verregneter Sonntagnachmittag war der perfekte Termin für die Vorstellung und gemeinsame Analyse des - da verrate ich nix Neues - ausgezeichneten Portfolios der "Kentucky Bourbon Distillers" (kurz: KBD) in Bill Fehns B-Bar. Geladen hatten der Münchner KBD-Importeur Mike Werner und der Barzirkel dessen aus Funk und Fernsehen bekanntes Aushängeschild Oliver von Carnap auch durch das Programm führte. Dieser Abend war zudem der Auftakt zum "German Bourbon Trail", einer Reihe mit Tastings und Vorstellungen der o.g. Range, die in den nächsten Monaten Barkeeper und Gastronomen im gesamten Bundesgebiet von der Qualität der Produkte überzeugen soll.Nach einer Einführung zur Geschichte der Familie Willett, der Firma KBD und zur Geschichte des U.S.-amerikanischen Whiskeys im Allgemeinen startete die Runde den Bourbon Trail "unsachgemäß" mit einem Ryewhiskey, dem "Michter's Single Barrel Straight Rye Whiskey" (42,4% Vol., rund 5 1/2 Jahre gelagert). Komplex ist er, mit klarer Roggenstruktur ausgestattet und trotz des relativ geringen Alkoholgehalts steht er seinen Mann auch in einer süßen Manhattanrezeptur. Herr von Carnap verwendet diesen jungen, aber feinen Rye mit viel Kräuteraroma universell bei der Zubereitung aller Ryedrinks an seinem Wirkungsort, der Lux Bar. Ich würde ihn aber auch jederzeit als Sippingrye empfehlen.
Im ersten fünfköpfigen Flight der "unter 50%-Bourbons" traf ich mit "Kentucky Vintage" (45% Vol.) und "Willett Pot Still Reserve" (47% Vol.) alte, wohlschmeckende Bekannte. Auch mit "Corner Creek" (44% Vol.) und "Michter's Small Batch US*1 Bourbon" (45,7% Vol.) konnte ich mich schnell anfreunden. Der "Old Pogue" (45,5 % Vol.) war mir persönlich etwas zu brav.
In der zweiten Auswahl ging es mit fünf Vertretern der Klasse um die 50% Vol. schon etwas mehr zur Sache. Neben Mikes Favorit - seinem Alltagsbourbon zuzusagen - "Rowan's Creek" (50,05% Vol.) stachen für mich der zugängliche, aber gehaltvolle "Pure Kentucky XO" (53,5% Vol.) mit seinem Honigaroma und der sehr reife, aber nicht zu eichige "Noah's Mill" (57,15 % Vol.) heraus. Die beiden 50,5-Prozenter "Old Bardstown Estate" und der bekanntere "Johnny Drum Private Stock" sind Beispiele bester bodenständiger Destillierkunst und taugen als Sipping Bourbon ebenso wie im Mixbetrieb.
Die absolute Oberklasse definierten am frühen Abend nach einem exquisiten Chili mit Datteln und Pfirsichen drei besondere Vertreter. Während der 17jährige "Vintage Bourbon" (47% Vol.) zwar mit deutlichen Fassnoten von Vanille und Karamell bestach, aber durchaus auch kantig wirkte mit seinem zartbitteren Finish, waren die beiden Fassstärkenabfüllungen von Willett im Alter von 9 bzw. 17 Jahren und mit 61,4 bzw. 69,1% Vol. einfach nur umwerfend. Bei beiden Bourbons lohnt eine kleine Wartezeit nach dem Einschenken damit der Alkohol ein wenig verfliegt und so nicht in die Nase sticht. Trotzdem haben wir es mit heftigen, aber keineswegs sprittigen Bomben zu tun. Großartig der 9jährige, der süßere der beiden, der mit mehr Toffee aufwarten kann. Noch eindrucksvoller präsentiert sich der "Willett" in der 17jährigen Abfüllung, die nach den Zollpapieren sogar erst nach etwas über 18 Jahren in die Flasche gekommen ist: sehr komplex, mit kandierter Orange und angebranntem Karamell, weich und rund mit einem Gewitter von Fassnoten und einem trockenen Abgang der minutenlang anhält und einen (fast) betäubten Genießer mit (kurzzeitig) gelähmten Geschmacksknospen hinterläßt.

An dieser Stelle noch ein Tip zu einem hier nicht verkosteten aber selbstverständlich bei Mike erhältlichen Edeltropfen: Der "Michter's Single Barrel 10y Old Bourbon" (47,2% Vol.) hat ein unglaublich balanciertes und zugleich komplexes und facettenreiches Aromabild, das ich mit meinem kargen Wortschatz kaum zu beschreiben vermag. Erstaunlich auch das betörende Mundgefühl. Nebenbei bemerkt liegt er in Sachen tatsächliche Lagerdauer (Michter's unterscheidet lediglich in eine 10- und eine 25jährige Variante) sehr nahe bei der erheblich teureren 25y-Abfüllung.

Über KBD lässt sich vielerorts nachlesen. Essentiell ist m.E., dass es sich in erster Linie nicht um einen Hersteller (Die Distillers destillieren also gar nicht selber), sondern um einen Abfüller handelt. KBD ist aber auch gleich der größte dieser Art in den USA. Zudem besitzt man die "Willett"-Lagerhäuser mit einer Kapazität von rund 50.000 Fässern. Mitlerweile wurde aber auch die alte Brennanlage der "Willett Distillery" mit einer Continous und einer Pot Still (siehe "Willett Pot Still Reserve") wieder in Stand gesetzt und in Betrieb genommen. Der Stoff kam und kommt in größerem Umfang von der benachbarten Destillerie "Heaven Hill", die weltweit eine unübersichtliche Zahl von Marken und Abfüllungen (z.b. "Evan Williams", "Parker's Heritage", "Elijah Craig",...) verkauft. Welcher Whiskey gekauft und wie lange er gelagert wird bevor er geblendet (oder eben nicht) abgefüllt und verkauft wird, obliegt also den KBD unter der Führung der Familie Willett/Kulsveen.

Schon während dem Tasting nannten die Teilnehmer Cocktailvorschläge zum jeweiligen Probanden. Diese wurden im Rahmen einer Openbar-Runde realisiert und sollen zusammen mit den von Oliver gesammelten Basics und Information zu KBD am Ende der Veranstaltungsreihe in ein Booklet einfliessen. Mit der Angabe unserer Tastingnotes habe ich mich daher hier zurückgehalten - Die soll schließlich jeder selber erarbeiten.

Die erwähnten Whiskeys und noch ein paar mehr verkauft Mike Werner in einer speziellen "Abteilung" seines Lampenschirmladens im Herzen von München. Onlineshopping ist über seine Webpräsenz (mittels Abwicklung durch The Whiskystore) möglich. Gastronomen und Gewerbetreibende wenden sich direkt an Herrn Werner:


Tel.: +49 (0)89 / 29 69 58
Fax: +49 (0)89 / 29 63 89
info@mikes-whiskeyhandel.de

updated 19.05.2011

Samstag, 14. Mai 2011

Alambic Classique - Special Caribbean Gin 13y

Nach der aufsehenerregenden Präsentation eines 12 Jahre gelagerten Gins, der zudem ein Fassfinish in einem Islay-Whiskyfass erhalten hatte, vor einem Jahr konnte die Bad Wörishofener Firma "Alambic Classique" dieser Tage eine weitere exotische Ginabfüllung aus Schottland präsentieren.Das "nur leicht filtrierte" Destillat namens "Alambic's Special Caribbean Gin" hat eine (Aha!) 13-jährige Fasslagerung hinter sich. Die letzten zwei Jahre davon hat es in einem Ex-Rumcask verbracht. Nun steckt es in 272 Flaschen. Die Alkoholstärke ist ebenfalls rekordverdächtig: 65,5% Vol. Das sei die Originalfassstärke und zudem habe man auf eine nachträgliche Färbung verzichtet - so die offizielle Verlautbarung. Zum Hersteller, verwendeten Botanicals und Herstellungsweise gibt es keine Infos. Auch gut.

Der bernsteinfarbene "Old Single Cask Super Premium Gin" ist einen Ticken dunkler als die Vorjahresversion. In der Nase zeigen sich aber wieder Citrustöne, appetitfördernde maritime Kräuter und etwas Vanille. Einige Tropfen Wasser fördern diesen Eindruck. Dort wo der "Special Islay Gin" trocken war und Pfeffer aufweisen konnte, kommt jetzt der Rumeinfluss des "Caribbean" durch: Vanille setzt sich fort, bleibt aber frisch und delikat; Thymiansirup und ein Hauch Minze vor dem langen, weichen Abgang.

"Alambic's" neuer Gin ist definitiv wieder außerordentlich - ein Stoff, der sich für Juleps geradezu aufdrängt. Mit einem Tröpfchen zusätzlich würzender Bitters (z.B. der "Zacapa Bitters" aus dem Hause Diageo/Meinke) einer Citruszeste und einer Eiskugel ergibt er aber auch einen wunderbaren OF. Hmmm.

Ob sich ein Dry Gin-Purist mit diesen Whisky- bzw. Rum-Gins anfreunden kann, kann ich nicht beurteilen. Der aufgeschlossene Connaisseur sollte zumindest einmal seine Sinnesorgane mit diesen Flüssigkeiten in engeren Kontakt bringen. Erhältlich ist die aktuelle Abfüllung bei einigen wenigen Onlinehändlern bzw. wird dort in den nächsten Tagen gelistet. Preis: knapp unter 60 EUR / 0,7l. Der "Special Islay Gin" dürfte bereits ausverkauft sein.

Donnerstag, 12. Mai 2011

Rye Whisky aus Österreich

"Rye whisky, rye whisky,
Rye whisky, I cry,
If you don't give me rye whisky,
I surely will die."


Den wunderbaren, traditionellen Song namens "Rye Whiskey", aus dem die obigen Zeilen entnommen wurden, intonierte zuletzt Herr Nick Cave (mit seinen Bad Seeds). Ein Werk, das mir immer wieder in den Sinn kommt, wenn ich mir einen abendlichen American zu Gemüte führe. Angesichts der
derzeitigen Bezugsprobleme auf dem Rye Whiskey-Markt in Europa (Einer der größten deutschen Onlinehändler stellte kürzlich für Juni/Juli 2011 die Wiederverfügbarkeit von "Rittenhouse 100" in Aussicht.) fiel mir der österreichische Anbieter "Destillerie J. Haider" mit seinem "Waldviertler Whisky" aus Roggenreuth ein. Der bietet nämlich verschiedene Rye Whiskys an. Und so gingen mir bald folgende Proben zu, die ich mit einigen Kennern verkosten konnte:"White Whisky - Rye Malt" (L RM 08, 41% Vol.): Anfänglich leichtes Getreide, dann überwiegt Fruchtaroma von Birne und Apfel; Auf dem Gaumen süß und gefällig mit leichten Fassnoten; Mehr Obstbrand als "White Dog"; Der "White Whisky" ist m.E. ein un- oder nur sehr kurz gelagerter "Original Rye" (s.u.) - Ein Holzfass hat er zumindest nicht von innen gesehen. Keiner der Tester hat vorher einen Rye-"White Dog" probiert, daher war ein substantiierter Vergleich nicht möglich.


"Original Rye-Whisky" (L 19/05, 41% vol.): Deutliche einladende Getreidenase; malzig und bittersüß, dann etwas flacher, würziger Abgang; Österreichs erste Whiskydestillerie verwendet hier eine Mischung aus 60% Roggen- und 40% Gerstenmalz in der Maische im Gegensatz zu U.S.-amerikanischen Mashbills, die das Getreide bei Bourbon ungefähr im Verhältnis 80-10-10 (Mais-Roggen-Gerstenmalz) und beim Rye im ungefähren Verhältnis 51-38-11 (Roggen-Mais-Gerstenmalz) mischen.

"Pure Rye Malt" (L 10/05, 41% Vol.): Süßes Malz und Blütenhonig; Honigsüßer Auftakt mit leichter, gut eingebetteter Roggenwürze; Leichtes Finish; Das einzig vergleichbare Produkt ist der "Old Potrero"-Rye aus San Francisco, wo - wie hier - 100% Roggenmalz zum Einsatz kommt. Haider verwendet für seinen "Pure Rye Malt" allerdings nur hell bzw. normal geröstetes Malz. Der "Old Potrero", der derzeit in Europa lediglich als 2-3jähriger allerdings mit Alkoholstärken um 63% Vol. erhältlich ist, hat mehr süße Schokoladentöne und wirkt zudem körperreicher und fetter.

"Special Rye Malt 'Nougat'" (L 7/05, 41% Vol.): Leichte Nase; Milchschokolade und (Überraschung!) Nougat vor dem frühen, bittersüßen Roggenabgang; Hier kommt dunkel gemälzter Roggen zum Einsatz. Wiederum ohne die Beigabe anderer Getreidesorten. Einer der Tester meinte, er würde nie einen Whisky mit dem Namenszusatz "Nougat" kaufen.

Noch ein paar Infos: Die Fässer aus Manhartsberger Sommereiche (=Traubeneiche) werden maximal dreimal befüllt. Vor dem ersten und dem dritten Befüllen - mit rund 60%igem Destillat - werden sie vom Fassbinder besonders stark ausgebrannt. An der Losnummer lässt sich die Lagerdauer ablesen. Eine aktuelle Abfüllung aus 2011 mit L-Nr. 7/05 war demnach rund 6 Jahre im Eichenfass. Die erste Zahl bezieht sich übrigens nicht auf den Herstellungsmonat, sondern auf die fortlaufend nummerierten Brennvorgänge (hier also 7. Brand in 2005).

Fazit: Das Echo der Tester war zwiespältig. Während der eine oder andere von der Existenz des österreichischen Roggens überrascht war und der Sache offen gegenüber stand, ließen andere ihre Skepsis gegenüber GSA-Whiskies durchblicken. Begriffe wie "typischer Bierbrand" u.ä. wurden genannt. Auch das Packaging in obstbrandtypischen, schlanken 0,35l- und rustikalen 0,7l-Flaschen fand wenig Zuspruch.

Ich finde, dass diese Roggenbrände zum einen sehr saubere Produkte sind (Dem einen sind sie "zu sauber", dem anderen wiederum "zu flach"). Dass es sich nicht um Ryebomben handelt, die gegen die großvolumige Konkurrenz aus den USA, wo in der Regel kein Roggenmalz, sondern eben ungemälzter Roggen, der einen "härteren" Whiskey ergibt, und ein Großteil Mais in die Maische kommt, "anstinken" können, war fast zu erwarten. Dass Haiders feine Roggen im Kreis von Maltfreunden durchaus Gefallen finden, ist vorstellbar. Für klassische Whiskeycocktails, die nach einem stabilen und höherprozentigen Rye verlangen - wie z.B. Manhattan, Sazerac oder Brooklyn - wäre mir der Österreicher zu filigran. Ich würde mir also einen stärkeren "Waldviertler" wünschen. Ein "Nougat" mit einem Alkoholgehalt von 46-50% Vol. und durchaus mit mehr Körper und Tiefe (Warum nicht mit einer Mais-Roggen- oder Roggen-Roggenmalz-Mischung?). Dass der Betrieb der Familie Haider dazu im Stande ist, ist für mich zweifelsfrei der Fall.

In der "Selections"- und der Fassstärkenreihe sind Abfüllungen mit 46% bzw. über 50% Vol. erhältlich. Einen hochprozentigen Rye habe ich im Onlineshop allerdings vermisst. Neben den bereits erhältlichen Ryes und Single Malts wird ab Juni auch ein getorfter Malt erhältlich sein.

Ich darf Frau Haider für die zur Verfügung gestellten Informationen recht herzlich danken.

Hinweis: Eine 0,2l-Flasche des "Original Rye-Whisky" wurde mir von der Destillerie J. Haider kostenlos übersandt.



Mittwoch, 11. Mai 2011

The Last Ginger Beer Tasting On Earth

Ja ja, Sie haben Recht werter Leser: Niemand braucht einen weiteren Vergleich verschiedener Ginger Beer-Abfüllungen. Ich mache ihn aber trotzdem. Schließlich leben wir in Zeiten, in denen ausgewählte Fachleute mehrere Tausend Tonics mit mehreren Tausend Gins vermengen, um hinter die Geheimnisse des G&Ts zu kommen oder auch nur um verdammt viel Spaß zu haben. Hier kurz und knapp das Resultat in Stichpunkten:
"Schweppes Ginger Beer" (330ml Aludose, canned by Swire Coca-Cola HK Ltd., Hong Kong): gelblich, leicht trüb, bemerkenswerter "Zisch", kaum Ingwer, wie "abgestandene Zitronenlimonade";

Old Jamaican Ginger Beer(330ml Aludose, UK): gelblich, trüb, süß, kein Ingwergeschmack, nur leicht scharf (siehe auch);

"Francis Hartridge's Celebrated Ginger Beer" - featuring natural extract of root ginger (330ml, Drehverschluss-Glasflasche, UK): leicht, frisch, wenig Ingwer, gut ausbalanciert;

"Thomas Henry Ginger Beer" (200ml Pfand-Mehrwegflasche, D): neutrale Färbung, leicht trüb, etwas Zitrone, Ingwer schon in der Nase und deutlichst im Abgang, bestens ausbalanciert (siehe auch);

"Fever-Tree Ginger Beer" (200ml Glasflasche, UK): leicht gelblich, trüb, zunächst hohe Kohlensäureentwicklung, erinnert an "Thomas Henry", aber kürzer, leichter Abgang;

"Fentimans Organic Cool Ginger Beer" (275ml Drehverschluss-Glasflasche, UK): gelblich, leicht trüb, deutlicher Ingwer mit etwas dichterem "Rootfeeling" als das "normale" Ginger Beer von "Fentimans", etwas voller aber auch süßer;

"Fentimans Ginger Beer" (125ml Glasflasche, UK): klar, fein perlend, prägnanter Ingwer, neutral und balanciert;

Fazit: Alles wie bisher. Die Ingwerbiere aus Dosen sind auf der süßen Seite anzutreffen. Die Fläschchen von der Insel sind in D praktisch nicht erhältlich. Und "Thomas Henry" ist ein verdammt gutes Gebräu. Letztmalig erfolgt der Hinweis auf das self-made Ginger Beer/Ale nach dem Rezept von Jeffrey Morgenthaler, das z.B. die Goldene Bar und das Schumann's seit geraumer Zeit in Eigenregie produzieren. Letzteres Etablissement verbraucht davon rund 40 Liter in der Woche (hörte ich kürzlich).


(Dieser Beitrag war nichtssagend und unnötig? - Wartet ab, was demnächst erst hier kommt.)

Sonntag, 1. Mai 2011

Der Mai ist gekommen... (oder: Bockbier Teil 2)

Der Maibock steht nicht nur auf des Jagdmanns Speiseplan, sondern ist vielmehr ein edles Getränk, das typischerweise von April bis Juni zum Ausschank kommt. Im Vergleich zum Doppelbock zur Starkbierzeit ist der Maibock eigentlich ein helles (Lager)Bier, das aber mit deutlichem Malzgehalt und weniger Hopfen auftritt. Da heute vielerorts der Maibockanstich begangen wird, möchte ich meine Frühlingsbierprobe fortsetzen:DER Maibock in München ist ein Gebräu namens "Heller Bock" (7,0% Vol.) von der "Augustiner" Brauerei. Optisch erscheint er wie ein Helles, hat aber bereits in der Nase mehr Würze als sein heller Bruder. Auch läßt der Bock bereits im Antrunk die charakteristische Süße vermissen. Malz und Hopfen sind also bestens ausbalanciert und so ist der Bock ein verdammt gutes (Stark)Bier und vielleicht das beste Helle vom "Augustiner". Schade, dass es nur kurze Zeit erhältlich ist.

Mit Stammwürze P19 und 6,9% Vol. kommt der "Josefi-Bock" der "Klosterbrauerei Reutberg" in die Flasche. Sobald man das edle Tier wieder aus diesem Gefängnis befreit hat, hat man ein rötlich schimmerndes Bier im Krug, das es optisch und geschmacklich mit manch fränkischem Lager aufnehmen kann. Der Bock, der zum alljährlichen Josefifest Ende März gebraut wird, ist aber kein Maibock, sondern mehr ein traditionelles bayerisches Starkbier für die Fastenzeit für das eine Mischung aus 50% hellem und 50% dunklem Malz Verwendung findet. Allerdings steht er nicht auf der karamellig-malzigen, sondern schon deutlich auf der hopfigen Seite. Der "Josefi-Bock" ist komplex, seine Blume steht fest im Glas und er überzeugt mit einer (für bayerische Starkbiere) untypischen Bitternote. Wie im Slogan der Brauereigenossenschaft eben: Bodenständig - echt - gut. Nebenbei bemerkt lohnt ein Besuch der Ausflugssterrasse des Klosterbräustüberls Reutberg nicht nur wegen der grandiosen Aussicht auf das Münchner Voralpenland oder den flüssigen Spezialitäten - auch ein kleiner Spaziergang zum moorigen Kirchsee ist die Reise wert.

Genug der Sightseeingtips. Der letzte Bock für heute ist der "Maibock" (6,8% vol., 16,5% Stammwürze) der "Benediktinerabtei Plankstetten". Dieses etwas leichtere Starkbier wird vom "Riedenburger Brauhaus" im Altmühltal produziert, das ausschließlich Biobiere herstellt. Beim Maibock kommt nur dunkles Malz ins Bier. Das spiegelt sich in der tiefbraunen - fast schwarzen - Farbe wieder. Im Antrunk wirkt dieser Bock etwas flach und läßt auch im weiteren Verlauf Süße und Würze vermissen. Schade. Der süffige Klosterbock fällt deutlich hinter die o.g. kapitalen Hörnertiere ab und auch die ausgezeichneten Weißbiere der Riedenburger dürfen von oben herab auf das 0,33-Liter-Fläschchen blicken. Ich fühlte mich beim Genuss ein wenig an das "Köstritzer Schwarzbier" erinnert. Nunja.