Sonntag, 5. August 2012

Lovebeer oder: War das schon der Sommer?

Nach dem Daiquiri Day, dem Black Tot Day, dem Gin Basil Smash Day, dem Swimming Pool Day, dem Pina Colada Day usw. wird heute endlich der International Beer Day begangen. Zudem habe ich dieser Tage aufgeschnappt, dass bayerisches Bier wieder besser verkauft wird als zuletzt. Ich finde, das ist eine gute Meldung für das bayerische Bier, dass es verkauft und (hoffentlich) auch getrunken wird - gerade weil doch vor einigen Wochen Lieferengpässe bei den "Kultbieren" vom "Augustiner" und "Tegernseer" gemeldet wurden. Noch schlimmer war aber, dass uns das "Barzirkel" Brew - wohl aufgrund einer Fehlberechnung in der Rezeptur - heftig um die Ohren geflogen ist und nach der vorsichtigen Öffnung von drei Halben gerade noch genug Stoff für ein Radler verblieb. Bewegte Bierzeiten.

Wie gut also, dass laufend neue Biere verfügbar sind. Mir fielen gerade ein paar Flaschen "TAP 5 Meine Hopfenweisse" aus der Kelheimer Brauerei "Weisses Bräuhaus G. Schneider & Sohn GmbH" in die zittrigen Hände. Das gibt es zwar schon etwas länger, aber das Bier vom Typ "South German Weizenbock Pale" ist eher selten im Getränkemarkt zu finden. Ein Jammer, wie ich meine, denn wir haben es da mit einem süffigen, fruchtigen Weißbier zu tun, das bislang seines gleichen suchte. Die Tatsache, dass es sich um einen heftigen Doppelbock mit 8,2% Vol. und 18,5% Stammwürze handelt, geht angesichts der überwältigenden Hopfenaromen fast unter. Mehr davon, bitte!

Das gilt auch im Fall des schlicht "Lovebeer" benannten neuen Bieres von "Camba Bavaria". Das ebenfalls stark gehopfte Weizenbier soll zur Platte "Summer Of Love" des Popbarden Stefan Dettl, bekannt als Kopf der erfolgreichen Trötentruppe "LaBrassBanda", getrunken werden. Schlappe 16.000 Flaschen gibt/gab es davon nur. Glücklicherweise hab ich auch ein Tragerl abbekommen und darf feststellen: Das "Lovebeer" mundet auch ohne musikalische Beschallung und steht bei mir auf einer Stufe mit "Cambas" Ananas-Grapefruitbier "Pale Ale". Simcoehopfen scheint der Schlüssel zur spritzigen Fruchtigkeit zu sein. Der Profi spricht auch von "opalisierender Optik". Yeah! Ich werde morgen nochmal zur Quelle dieser Gaumenfreude pilgern und meinen Lagerbestand aufstocken. Sommer hin oder her...

Donnerstag, 2. August 2012

Wiedervorlage: Rum (von vielen Inseln und im Diplomatengepäck)

Um Rum ging es hier schon einige Male. Da das Angebot aber ständig wächst und sowieso schon kaum mehr überblickbar ist, hier der Spot auf ein paar neuere Vertreter der Gattung. Bei der Erstellung aussagekräftiger Tastingnotes sprang mir diesmal freundlicherweise Frau Kristina Wolf zur Seite. Selbige ist in der Szene keine Unbekannte. Die Berlinerin - Spitzname The Nose - hat zu DDR-Zeiten eine fundierte gastronomische Ausbildung genossen und blieb auch später den sinnlichen Genüssen treu. Hier und da gab es immer wieder Verbindungen zur Spirituosenindustrie bzw. zum Gaststättengewerbe. Dem aufmerksamen Leser wird Frau Wolf auch schon im Blog des "Finest Spirits"-Festivals als Autorin aufgefallen sein. Internationale Berufungen in die Tasting Panels der Rumfestivitäten in Miami, London und Berlin unterstreichen zudem ihre fachliche Kompetenz. Aber genug der warmen Worte.
Beginnen möchte ich mit einem preislichen Schwergewicht. Der "Diplomatico Ambassador" (47% Vol., ab ca. 200 EUR), vorgestellt beim Londoner "Rumfest" 2011, kommt in einer gewichtigen Flasche mit schwerem Stopper und in einer hölzernen Präsentationsbox aus dem fernen Venezuela angeschippert. Das bisherige Aushängeschild des Herstellers namens "D.U.S.A." war bislang der "Diplomatico Reserva Exclusiva", der in Deutschland zukünftig als "Botucal Reserva Exclusiva" zu haben sein wird. Die Umbenennung trifft auch seine jüngeren Gefährten "Reserva" und "Anejo". Zur Diplomatenfamilie gehört auch ein schlicht "Blanco" (alle 40% Vol.) betitelter, weißer Rum, der bisher nicht in Deutschland auf dem Markt war. Vielleicht ändert sich das durch den neuen Vertrieb, den "Sierra Madre" (diverse Tequilas, "Atlantico" Rum, "Hayman's" Gin, etc.) vor einigen Monaten übernommen hat. "D.U.S.A." stellt mit einer Vielzahl von Pot Still- und Säulenbrennanlagen Rum für verschiedene Marken her, z.B. "Cacique" und "Pampero". Desweiteren wird aus Melasse mit besonders hohem Zuckeranteil von 48-52% (leichte Rums) und Sugar Cane Honey (Zuckergehalt 60%, schwere Rums) destilliert. Insgesamt werden rund 8 Millionen 9-Liter-Cases im Jahr hergestellt. In 21 Lagerhäusern reifen 260.000 Fässer. Die "Diplomatico"-Range besteht bis auf den "Ambassador" aus Blends bestehend aus leichtem Column Still- und schwerem Pot Still-Rum. Die genaue Zusammensetzung und alles weitere über die Geschichte der Firma und die Herstellung sollte man im digitalen CLASS Magazin nachlesen.

Wir widmen uns nun endlich dem "Ambassador", der im Gegensatz zum aus 20% Column Still-Rum und 80% Pot Still-Rum geblendeten, nachgezuckerten und bis zu 12 Jahre alten "Reserva Exclusiva" aus 100% Pot Still-Rum besteht, der mindestens 12 Jahre in Ex-Bourbonfässern lagerte um dann noch weitere 2 Jahre in Ex-Pedro Ximenez-Sherryfässern zu verweilen. Nachgesüßt, gefärbt und (kühl)filtriert wird hier nicht. Gut so. Lassen wir die überdimensionierte Box einmal weg, so haben wir einen Rum im Glas, der einige Tester und mich schlichtweg enttäuscht hat. Wir hatten uns alle einen "Diplomatico-Hoch-3" vorgestellt, aber diese Erwartungen konnte der Knabe nun leider nicht ganz erfüllen. Ja, er hat schon die würzigen Noten (Curry), die seinen - mittlerweile als Einsteigerrum verschrienen - Kameraden von der Masse der süßen Blends abhebt. Ja, auch die Infos zu seiner besonderen handwerklichen Herstellung werden vorbildlich preisgegeben und den (deutlich merkbaren) 47%-Alkoholgehalt, finde ich auch besser als schnöde 40%. Aber irgendwie... An dieser Stelle muss Frau Wolf helfen - hier ihre Blindtastingnotes:

Tag 1:
N: trockene Süße, kräftig Holz, fast modrig, deutliche Sherrynote;
G: trocken, aggressiv, aber nicht unangenehm, ölig, nur leichte Süße, erneut Sherry, fast cremig werdend, erneut Holz;
A: lang und warm, erneut Sherry, leichte Salzigkeit;
F: Überraschend ungewöhnlich und Europäisch – im Stil von Whisky und Sherry;

Tag 2:
N: trocken, modriges Holz, Minze?, blumig, aber auch wieder Sherry;
G: Holz, trockene Süße kommt durch, erneut Sherry, dezente Salzigkeit (Lakritz?), cremiges Mundgefühl;
A: Relativ schnell weg, angenehme und leichte Aromatik;
F: ein gebauter Rum*

*Frau Wolf versteht unter einem "gebauten Rum" einen "für den Allgemeingeschmack gebastelten, ohne echten Charakter, eben gefälligen" Rum. Was an sich ja nichts Schlechtes ist, nur eben nicht immer ihrem persönlichen Geschmack Freude bereitet.

Getastet wurde, wie zu erkennen ist, an zwei Tagen. Und wie man sieht, ergeben sich dabei gerade bei geschulten Sinnesorganen gewisse Abweichungen. Ich bin mir nach mehreren Anläufen mittlerweile sicher, dass ich den "Ambassador" nicht weiterempfehlen würde. Schon wegen des Preis-Leistungs-
Missverhältnisses. Auch ist er mir fast schon zu sherrylastig - ohne aber pappig zu sein, wie das bei anderen P.X.-Finishes manchmal der Fall ist. Fazit: Der "Ambassador" ist ein anspruchsvoller, sherrylastiger Rum, der mit seiner (Fass)Reife nicht hinterm Berg hält. Ob "Sierra Madre" den auch ins Programm nimmt, ist mir bislang nicht bekannt, erscheint mir aber unwahrscheinlich, da ja dann wieder das "Diplomatico-Botucal-Problem" im Raum stehen würde.

"Banks" Rum ist spätestens seit Oktober 2010 hierzulande ein Begriff. Damals wurde der Neue in Berlin beim BCB vorgestellt und mittlerweile hat der weiße "Banks 5 Island" mit dem "Banks 7 Golden Age" (jeweils 43% Vol.) auch einen dunklen Bruder bekommen. Über alles Wissenswerte wurde vielerorts schon berichtet. Darum nur das: Der Neue ist wieder ein Blend - diesmal aus 23 Rums aus 7 Ländern. Wir vertrauen wieder Frau Wolf und ihren Tastingnotes.

"Banks 5 Island" - Tag 1:
N: süss, fruchtig-aromatisch, schokoladig, cremig;
G: zuerst leichter als die Nase verspricht, dann kommen die kräftigen Aromen deutlich, schöner Rum für Tiki;
A: frisch und warm, exotische Früchte, die schokoladigen Aromen erneut, sehr aromatisch aber nicht zu stark;
F: sehr schöner Rum fürs Massengeschäft, hat kaum Ecken und Kanten – typische Karibik;

"Banks 5 Island" - Tag 2:
N: interessante frische Fruchtigkeit, aromatisch (in Richtung Jamaika), sehr blumig und duftig, Schokolade (Vollmilch), frische Zuckerrohrsüße;
G: zuerst leicht, dann fast cremig werdend, zuerst recht neutral, dann kommt die komplexe Aromatik wieder durch, beim zweiten Schluck deutlich kräftiger;
F: sehr  milder, aromatischer Rum. Perfekt für Cocktails, kann man aber auch pur geniessen.  Im ersten Schnuppern Tendenz zu Agricole, aber dafür sind die frischen Aromen nicht prägnant genug;

"Banks 7 Golden Age" - Tag 1:
N: sehr süss, Rum-Rosinig, kräftige Vanillenoten;
G: Holz und süß, trocken (Demerara?), frische Zuckerrohrsüsse;
A: lang und wärmend, angenehm changierend;
F: würde behaupten ein Demerara klassischen Typs oder ein verdammt guter Blend;

"Banks 7 Golden Age" - Tag 2:
N: komplex, kräftig, vanillig, süsse Rum-Rosinen;
G: erneut kräftig, komplex, exotischer Fruchtkorb, erinnert mich an Demerara (Port Mourant?);
A: elegant;
F: erneut mein Favorit;
Dem kann ich nicht mehr viel hinzufügen. Ich finde beide "Banks" extrem ansprechend und sehe aufgrund des großen Aromenspektrums eine Vielzahl von Verwendungs-möglichkeiten, wenn man Mixed Drinks im Visier hat. Andererseits bieten sich beide Varianten auch zum Süffeln an. Wer Lust bekommen hat, sollte also Einkaufen gehen! (Kleiner Tip am Rande: Cocktailian bietet bereits beide Abfüllungen an und hat den "5 Island" sogar in der günstigen 1-Literflasche im Shop)

Und weil wir grade beim Thema sind, kommt hier noch ein Rum, der durchaus Beachtung verdient hat. Die Rede ist von "New Grove Rum", der auf Mauritius hergestellt wird. Aus dieser Range hat es mir der "Plantation", ein leichter, weißer Rum, der mit seinem frischen Zuckerrohraroma ein wenig an einen Agricole erinnert, besonders angetan. Ich schmecke aber auch richtig viel Grapefruitschale. Und zwar von einer frischen gelben, bitteren Grapefruit. Aber ich bin ja heute nicht allein.
 
whatadrink!: Kristina, Du bist wirklich eine Rumexpertin. Beim "New Grove" hast Du aber auch ein bisschen Deine Finger im Spiel. Bitte erzähl uns was zur Herstellungsweise und zu den Besonderheiten der drei bisher in Deutschland erhältlichen Abfüllungen.

Kristina Wolf: Die Rums von "New Grove" sind alle durch die Bank weg Melasserums. Nix mit Agricole! Das Besondere ist jedoch, dass hier nicht die dunkelbraune, total ausgelutschte Melasse verwendet wird, sondern diese Melasse extra zur Rumherstellung produziert wird. Also die Melasse ist golden und hat fast noch den kompletten Zuckergehalt und auch die frische Aromatik des Zuckerrohrs.

Das Zuckerrohr wird ab Juni geerntet, die Fermentation beträgt 36 Stunden bevor in einer Kolonne destilliert wird. Der Rum der daraus entsteht ist, ist genau der Rum, den man im "Plantation" (nur in Stahltanks 10 bis 18 Monate gelagert), "Oak", 5y, 8y und dem "Solera" wiederfindet. Die geschmacklichen Unterschiede kommen aus der Lagerung in verschiedenen Faßtypen. Das Meiste wird in französischer Limousineiche gereift. Aber auch Portwein- (für den 5y) und gebrauchte Cognacfässer, werden bei den verschiedenen Reifegraden verwendet. Am Besten selber probieren. "New Grove" wird auch wieder im Oktober auf dem Rum Festival in Berlin vertreten sein. Und sie kommen zusammen mit noch ein paar anderen Brennereien von Mauritius.

wad: Aber es kommt aus dieser Quelle auch noch Neues auf uns zu?

KW: Nun, ich bin mir nicht ganz sicher, welche Abfüllungen nach Deutschland kommen. Es sind auf alle Fälle der 8jährige und der "Solera" frisch auf dem Markt, sowie eine einfachere Range (White, Dark und Spiced). Auch ob wir je die aromatisierten Rum bei uns auf den deutschen Markt bekommen werden ist mir nicht bekannt.

wad: Mir hat der "Plantation" auf Anhieb gefallen und ich finde ihn jetzt im Sommer gerade in den "kubanischen" Klassikern wie Daiquiri oder Mojito sensationell. Welcher ist Dein Favorit und warum?

KW: Nun, der "Plantation" hat mich auch letztes Jahr schwerstens überzeugt. Endlich ein weißer Rum, der nach Rum schmeckt, Charakter und einen Body besitzt. Ansonsten mag ich den "Oak", gerade wenn man Whiskyfreaks von Rum überzeugen möchte. Als reiner Purgenuss ist für mich der 5jährige eine Offenbarung. Aber Vorsicht! Nichts für "Diplomatico"-Fans ;-)

wad: Zum Abschluss noch eine ganz andere Frage. Welchen Rumtrend siehst Du auf uns zukommen und welchen neuen Rum würdest Du Dir wünschen? Sicher nicht den 150. Spiced Rum, der vom "Captain Morgan"-Kuchen was abhaben will, oder?

KW: Du kannst Fragen stellen! Bin ich eine Weissagerin? Wenn, dann würde ich mein Wissen nicht hier breittreten sondern dicke Kasse damit machen. Denn dann wären so etliche Marketingabteilungen, Blendmaster und Einzelkämpfer entweder ihren Job los oder im siebenten Himmel! - Ernsthaft, ich vermute, wir bekommen noch ein paar neue „gebaute“ Rum, ein paar sehr spannende Abfüllungen von bekannten Marken, wie im Whiskybusiness werden sich die Sonderabfüllungen häufen und die Preise werden ordentlich anziehen.

Meine Wunschrums sind stets die, die ich gerade im Glas habe und wirklich genießen kann. Das kann mal ein süßer, schwerer öliger Rum wie zum Beispiel "Botran" sein; mal eine Einzelfassabfüllung aus dem Hause "Cadenhead's"; mal ein fantastisch ausdrucksstarker "Trois Rivières" von Martinique oder zum Beispiel ein "Smith & Cross" und "El Dorado" in einem super leckeren Rumpunch. 

Was ich mir für den Deutschen Rummarkt wünsche, ist dass endlich die faszinierenden Tropfen von den französischen Antillen ihren Stellenwert auch bei uns bekommen, ebenso dass solche wahnsinnig spannenden Rums wie die Abfüllungen von Dzama hier bekannter werden. Zu kaufen gibt es sie schon lange bei uns. Auch solche, etwas für den deutschen Gaumen anstrengendere Provenienzen, wie "Savana" von Réunion sind meine kleinen Geheimtipps. Die Welt der Rums ist so vielfältig und Aromen reich, da sollte für jeden Gaumen was dabei sein. Nur Mut beim Ausprobieren!