Montag, 15. August 2016

Caperitif und Swaan Tonic aus Südafrika

"So bittersweet
this whole thing
so bitter sweet"

(New Model Army "Bittersweet" 1983)

wad! war mal wieder auf Weltreise. Stimmt nicht ganz. Unterwegs in Südafrika war letztes Jahr Max Hildebrand (Goldene Bar, München). Bevor ich von Maxens Trip zum Kap gelesen und sein Foto einer ziemlich gut aussehenden Flasche auf Facebook gesehen hatte, war mir irgendwo in den Weiten des www schon der Caperitif begegnet. Cooler Name, geiles Etikett und ein Vermoed? Die Kombi verursachte schon erhöhtes Kribbeln - zumindest bei mir.
Vermouth hat sich in den letzten Jahren zwar nicht unbedingt neu erfunden, aber im Zuge einer kleinen Welle wurden eine ganze Reihe neue und wieder entdeckte Marken in die Regale und Kühlschränke der gehobenen Trinkinstitute gestellt und auch die Platzhirsche haben mit Sonderrezepturen/-abfüllungen ihren Senf dazu gegeben. Gut so. Sehr gut so.

Am Rande dessen fiel auch ein bisschen mehr Licht auf die Weinaperitife dieser Welt, z.B. die Bitters, Quinquinas und Aperitifs à base de vin. Andere Exoten wie Amaro und zuletzt Aquavit dürfen auch a bisserl mehr tröten.

Caperitif - The Ghost Ingredient

Caperitif - Ein Name der mir in zwei Publikationen aufgefallen war. Zum einen wird er in Ted Haighs "Vintage Spirits And Forgotten Cocktails" unter den Rest-In-Peace Cocktail Ingredients geführt - zum anderen beinhaltet das ebenso nicht gerade unbedeutende "The Savoy Cocktail Book" von Harry Craddock eine Reihe von Rezepturen mit Caperitif. Später habe ich festgestellt, dass noch etliche Cocktailbücher wie z.B. Tarlings "Café Royal Cocktail Book" u.a. Caperitif verwendeten (mehr Quellen und zur Schreibweise). Die Spur des seinerzeit als Wine Aperitif bezeichneten Caperitifs verlor sich offenbar irgendwann Ende der 1930er Jahre. Aber vielleicht graben eifrige Cocktailhistoriker noch mehr aus, als die drei Flaschen, die zuletzt in England über den Tresen gingen. Die einhellige Meinung ist zumindest im Moment, dass sich das Ganze im Bereich von Lillet Blanc (in seiner damaligen Rezeptur als Kina Lillet) und Dubonnet Blanc abgespielt hat.

Der Spur gingen vor über zwei Jahren auch der dänische Barmann Lars Erik Lyndgaard Schmidt (den ich beim Segeln in Schweden erreicht habe), der vom Caperitif bei seinen mixologischen Studien in New York gelesen hatte, und Adi Badenhorst, Chef des südafrikanischen Weinguts A.A. Badenhorst, nach. Die beiden hatten über gemeinsame Freunde in Südafrika zusammen gefunden. Aber nicht nur das. Das Resultat ihrer Entwicklungsarbeit ist die 21st-Century-Version des Caperitif. Ein Quinquina (der in der ersten Begeisterung missverständlich als soet vermoed - also süßer Vermouth - bezeichnet worden war), der mich total begeistert. Neben Chinarinde stecken noch 35 weitere zumeist lokale Botanicals in der Flasche bzw. im Rezept. Das ergibt zusammen gefasst: Süß-weiniger Antritt, frisch-würziger Übergang in ein langes, bitteres Finale. Komplex. Oh ja! whatadrink!

Das Ding (17,5% Vol.) funktioniert erstklassig solo, als Longdrink oder in allen Ginkombinationen (Negroni!) bzw. als Ersatz für Vermouth oder in klassischen Drinks, die nach dem Ur-Lillet verlangen, etc. etc. Mir persönlich reichen ein paar Stücke Eis für ein bittersüßes Vergnügen.

@Nerds: Caperitif wird in relativ kleinen Batches produziert und abgefüllt, die aufgrund der unterschiedlichen Beschaffenheit ihrer natürlichen Bestandteile in ihrer Aromatik voneinander abweichen können. Watch out for Batchnumbers...

Swaan Cape Tonic Water

Wer heute einen ambitionierten Gin erzeugt, sollte über Empfehlungen für das passende Tonic nachdenken oder - noch besser - ein eigenes Tonic entwickeln. Badenhorst hat das auch ohne eigenen Gin getan und ein Craft Tonic namens Swaan gelaunched. Ergänzend hinzugefügte Limette, Kardamon und Minze ergeben ein rundes Tonikum. Verdammt - das ist auch gut. So gut, dass ich das wie Limo wegnuckle - auch ohne Wacholderschnaps.
Während die vorzüglichen Weine von A.A. Badenhorst in einigen deutschen Onlineshops zu haben sind, gibts den Caperitif derzeit (noch) exklusiv hier. Eine andere Quelle im UK ist hier zu finden - dort kann man (wenn man artig nachfrägt) auch das Swaan Tonic beziehen.



Donnerstag, 28. Juli 2016

Wiedervorlage: Mezcal und Raicilla

"Ich liebte ein Mädchen in Mexico,
die hat einen runden sexy Po."

(Insterburg & Co., "Ich liebte ein Mädchen", 1973)

Zurück in unsere Breiten - genauer nach München. In der Goldenen Bar trafen sich diese Woche einige bairische Mezcaleros, um den Worten von Axel Huhn (Mezcaleria) zu lauschen, der mal wieder aus Berlin angereist war. Seine Mission: Das Wissen der Südländer in Sachen Agavenschnaps auffrischen bzw. erweitern!
Mezcal (= gekochte Agave) hat in vielen deutschen Bars mittlerweile Einzug gehalten. Mixgetränke sind dabei in erster Linie gefragt und dafür werden i.d.R. preisgünstige Abfüllungen verwendet, die ich (beschönigend gesagt) ziemlich langweilig finde. Music for the masses eben. Echter Mezcal, der auch wirklich als Craftprodukt gilt, weist im Gegensatz zum Low-Budget-Brand einige wesentliche Attribute auf - z.B. Alkoholgehalt von 46 bis knapp über 50% Vol., Nennung von Agavensorte/ Brennmeister/ Ort der Herstellung/ Art des Brennapparats/ Größe der Produktionsbatches nur einige hundert Flaschen/ traditioneller Erdofen/ natürliche Wildhefen/ etc. Aber darüber wurde hier ja schon in der Vergangenheit berichtet.
Während sich die Fortbildungshungrigen mit den ersten Mezcalproben versorgten, erläuterte Axel Huhn u.a. den Terroirbegriff beim Mezcal. Hier trifft die regionale Herkunft der (Wild)Agaven, die jeweils ein spezielles Mikroklima oder auch eine Symbiose mit anderen Pflanzen beanspruchen, auf das Terroir der Destillerie, die für den Erdofen, in dem die Agaven geröstet werden, lokal vorhandenes Hartholz verwendet, auf ihre traditionelle Brennblase (Keramik, Kupfer, Holz, Kombinationen) vertraut und nicht zuletzt nur die örtlich vorhandenen Hefen zur Gärung zulässt. Diese beiden Terroirs überlagern sich sozusagen und machen neben der Jahreszeit der Destillation, den verwendeten Agaven selbst und der Arbeitsweise und dem Können des Mezcaleros das Endprodukt aus. Es gibt also viele Parameter, die zum Topmezcal führen (können). 

Einige sehr gelungene Destillate standen in der Verkostungsrunde zur Verfügung - ich fasse mich kurz:

Für die bekannte "Alipus"-Serie gibt es Neues. Wir hatten eine Probe, des Mezcals (47,5% Vol., 100% Espadin) aus den Händen von Don Valente Ángel García Juárez: Ölig und cremige Textur, feine Nase, trocken und rund. Steht den anderen "Alipus"-Qualitäten in nichts nach. 

Der Koch Mezcal aus der Tepextate Wildagave (47% Vol.) hatte es mir aufgrund seiner betörenden Nase zunächst schwer angetan. Mit der Zeit im Glas legt sich das Erlebnis aber und es verbleibt ein bodenständiger Brand mit etwas mehr Süße und angenehmem Rauch.

Getöpferte Keramik Potstills kennen wir schon von Real Minero. "Raicilla La Venenosa" hat in eben solchen gebrannten Raicilla im Programm. Raicilla? Ganz ruhig, das ist kein neuer Nerdkram, sondern nur Mezcal aus Jalisco statt aus Oaxaca. Der verprobte Sierra Del Tigre (46,5 % Vol.) überrascht mit viel zerkochtem Gemüse in der Nase (mancher wittert gar Käsefüße), entwickelt sich dann aber im Mund zu einem wonnigen Honigvergnügen. whatadrink!

Das gleiche Urteil dann beim Star Of The Show, der auch aus einer Töpferbrennblase kommt: Mezcal Vago Blanco Y Negra (51,6% Vol., Batch: 176 Liter) aus 25 bzw. 45 Jahre alten Agaven. Das ist ein eleganter Gaumenschmeichler mit großer Balance zwischen süßen und trockenen Noten und mit etwas Honig. Wie gesagt: whatadrink! Kleiner Gag am Rande: Da offenbar keine weiteren so alten Agaven zur Verfügung stehen, empfiehlt man: "Save a bottle so your kids can compare it to the 2060 batch.". Ok. Die ersten Flaschen von Vago haben Europa erreicht. Die Mezcaleria wird ihn wohl auch ins Sortiment nehmen. 


Den krönenden Abschluss bildete der Real Minero Largo (47,8 % Vol.), der gegenüber den eben beschriebenen Feingeistern fast schon brachial rüberkommt. Ein Top-Top-Mezcal, intensiv, rauchig und fruchtig bei perfekter Balance. whatadrink!

Die Probanden weisen also alle einen Alkoholgehalt von mehr als 46% Vol. aus. Wie läuft das nun aber mit dem Alkoholgehalt, wenn das Batch vor der Abfüllung nicht mit Wasser auf Trinkstärke reduziert wird? Fachbegriff: distilled to strength. Der erste Destillationslauf - der Rohbrand - ergibt ein Destillat von rund 35% Vol. Beim zweiten Durchlauf steigt der Alkoholgehalt stetig von unter 40 auf über 60 oder gar 70% Vol. an. Der Mezcalero hat natürlich keinen Spirit Safe à la Scotch Whisky mit Meßskala zur Verfügung. Er trennt also einzelne Teile des Brandes sukzessiv in einzelne Gefäße - vornehmlich Plastikkanister - ab und vermischt diese einzelnen Bestandteile seines Batches dann nach visuellen und olfaktorischen Eigenschaften zum fertigen Mezcal. Die ungenießbaren Anteile von Vor- und Nachlauf werden dabei logischerweise abgetrennt. Der Stoff lagert dann zur Harmonisierung mehrere Monate oder gar Jahre in Glas-, Edelstahl- oder Tongefäßen bis zur Abfüllung in Flaschen.
Zum Schluss noch ein paar Worte zur sogenannten Agavenkrise. Aufgrund der Monokulturen für die Tequilaproduktion sind die Pflanzen anfällig geworden. Ernteausfälle bei gleichzeitigem Anstieg der Nachfrage führen zu Engpässen und zu steigenden Rohstoffpreisen. Das obere Diagramm zeigt die Auswirkungen einer 4jährigen Missernte. Die Nachpflanzungen führen dann wieder zu Überschüssen (Jahr 12). Im unteren Diagramm ist im Gegensatz dazu ein linearer Verlauf dargestellt. 

Agavenkrise hin oder her - Fakt ist, dass dank steigender Kosten der handgemachte Mezcal/Raicilla/etc. nicht billiger werden wird, sondern in absehbarer Zeit - gerade in Europa - regelmäßig deutlich über der 100-EUR-Grenze pro 0,7l-Buddel liegen wird. Blicken wir auf die Preise für heimische Obst/Wurzel/Gemüse-Premiumdestillate, für die ab 80 EUR pro 0,35l-Flasche aufgerufen werden, so ist das durchaus nachvollziehbar. Aber soll man nun in Mezcal investieren? Hm, warum eigentlich nicht?

Noch mehr zum Thema: Ein aktuelles Video der GuildSomm finden Sie hier.

Freitag, 6. Mai 2016

Compass Box - The Circus - A Blend Of Blends

"Klappern gehört zum Handwerk" oder auch "...zum Geschäft". Neben dem üblichen mal mehr oder weniger sinnfreien Marketingzirkus der Agenturen in Form von Facebookgedöns, Tweets, Launchevents, Pressemitteilungen etc. manifestiert sich diese allgemein anerkannte Redenart im Spirituosenverkauf auch über das Fallenlassen bestimmter Schlüsselwörter. Dieser Tage gehört "Sherry" in Verbindung mit "Dark" neben beeindruckenden Altersangaben sicherlich dazu, wenn es um Maltwhisky geht, und hilft dem einen oder anderen Konsumenten offensichtlich bei der Kaufentscheidung.

Die Whiskymacher von Compass Box waren in der Vergangenheit mehr durch künstlerisches Design und Cleverness, als durch plumpes PR-Geschrei aufgefallen und sind bekannt für Whiskyschönheiten wie The General oder den Last Vatted Malt, die mit inneren und äußerlichen Höchstwerten überzeugen konnten - zumindest mich.
Umso gespannter war ich auf die neueste Limited Edition namens The Circus, die nach Charlie Chaplins gleichnamigen Stummfilm benannt wurde ("If you are looking for rainbows, look up to the sky"). Im offiziellen Info wurde mehrfach von Sherryeinflüssen fabuliert. Ich hatte die Möglichkeit, schon vorletzte Woche eine der 2490 Flaschen zu ergattern - die offizielle Auslieferung läuft schon und der Stoff sollte in Kürze im Laden stehen.

Die Farbe ist nicht annähernd so dunkelrotgold, wie auf den offiziellen Produktfotos. In voller Alkoholstärke - übrigens mit 49% statt der in den USA vorangemeldeten 55% - geht es mit gelben, satten Früchten los. Vollreife Pfirsiche und so. Aber kein Alkoholstich, sondern eine weiche Nase, die eher floral statt sherrylastig rüberkommt. Mit Wasser haben wir etwas mehr Vanille und Eiche in der Nase, aber nicht von frischen Ex-Bourboncasks, sondern von Refillfässern. Gut. Luft braucht der Circus etwas mehr noch als Wasser, aber nach einer Woche hat sich der Blend in der offenen Flasche schon wieder weiterentwickelt. Zu seinem Vorteil, versteht sich. Der Whisky schmeckt reif (was auch immer das nun heißen mag) und es ist eine (so bescheuert das klingt) sehr gut eingebundene Sherrywürze da, die nie aufdringlich hervortritt. Konkret haben wir Ingwer und Geißblatt, etwas Frucht (die aber kaum greif- oder bestimmbar ist) und für besonders feine Geister auch etwas Bitteres. Defintiv ist aber Getreide da, allerdings in leichter Form und nicht schwer-malzig. Mit Wasser - auf keinen Fall zuviel! - wird das Ganze auch im Mund runder und feiner. Im Abgang ist der Circus sehr lang und die Eiche piekst nur ganz leicht - ganz weit weg. Das Stichwort lautet also: Balance - gerade in Sachen Sherryeinfluss.

Blend? Sherry? Wir schauen kurz im Compass Box Blending Lab vorbei: Dort darf man uns sagen, dass der Circus aus vier Bestandteilen kreiert wurde. Zum einen haben wir da zwei ältere Blended Scotch Whiskys, deren Bestandteile völlig unbekannt sind und die 57,2 und 1,4% der Gesamtmenge ausmachen. Zum anderen steckt ein Anteil von 26% eines ebenfalls länger gereiften Blended Grain (genaue Herkunft der Bestandteile ebenfalls unbekannt) und 15,4% eines Single Malt (Benrinnes) aus einem 1st Fill Sherry Butt im Mix. Die Altersangaben aller dieser 4 Teile darf Compass Box nicht rausrücken - siehe das Theater um This Is Not Luxury Whisky. Ein Age Statement ist nach SWA nur zum jüngsten Bestandteil möglich. Irgendwie hat die SWA die Rolle des Löwen in Chaplins Film inne (siehe unten): Sie hockt im Käfig, man hat Angst vor ihr, aber sie tut einem eigentlich nichts.

Ich vermute *hust*, und da stehe ich nicht ganz allein da, denn ein ausgesuchtes Tasterduo hat mich bei der Analyse fachmännisch unterstützt (Danke, Männer!), dass der Benrinnes eher ein 10-12jähriger Malt war. Bei den Blends tippen wir darauf, dass der Blended Grain vielleicht der älteste Bestandteil ist - Mitte der 1980er könnte der bzw. seine Bestandteile aus den Brennblasen getröpfelt sein. Die beiden anderen Blendeds dürften dann um 1990 gebrannt worden sein - oder auch nicht. Erschwerend kommt bei dieser Schätzung hinzu, dass die beiden letzteren Bestandteile ca. 2/3 ihrer Reifezeit in Refill Sherry Marrying Butts - also speziell ausgesuchten Gebrauchtfässern - lagen. Der Blended Grain hat mehr als 1/3 seiner Lagerzeit in eben einem solchen Butt gewartet. Puuh. Sie können noch folgen? Dann beantworten Sie doch die folgende Frage: Wie hoch ist der Anteil von Grainwhiskies an der Gesamtmenge? --- Die Antwort weiß ich auch nicht, aber ich vermute es sind mindestens 50%. 

Das entspricht dann auch unseren Feststellungen in Sachen Tastingnotes. Der 1st Fill Sherrymalt schlägt nicht durch. Der Circus, geblendet fast nur aus Blends ist ein sehr guter, feiner und perfekt strukturierter Blend. Er ist kein Crowdpleaser und schon gar kein Anfängerwhisky. Er ist auch keine Sherrybombe. Er steht aber in der Tradition der Arbeit eines Masterblenders hoher Schule (stelle ich mir zumindest so vor) und ist ein komplexer, geschliffener Gentleman. This IS Luxury Whisky, auch wenn einem der Tester der "Hammer" als durchschlagendes Kaufargument bei diesem Whisky fehlte. Und da hat er nicht Unrecht. Alle drei Maltisten kritisierten geschlossen den aufgerufenen Preis von UVP 235 EUR. Falls Sie den Circus also auf Ihrer erweiterten To-Buy-Liste haben, sollten Sie sich vor dem Kauf vielleicht mit einem Sample auseinandersetzen und klären, ob das wirklich "Ihr" Whisky ist.

Nun wäre ich eigentlich am Ende dieses Blogbeitrags, doch da flattert schon die Ankündigung des nächsten Compass Boxers rein (Enlightment) und aus dem Newsroom tickert die Meldung über einen 74er Bowmore für über 2.000 EUR. Was ein Zirkus!

Freitag, 1. April 2016

200 Jahre Lagavulin - Lagavulin 8 Years Old

Nun feiert also auch Lagavulin sein Bicentenary. Schön, aber eigentlich egal, wenn es da nicht eine erste Sonderabfüllung zum Jubiläum gäbe. "Ach was", sagen Sie und gähnen herzhaft. Das sei Ihnen gegönnt, doch der brandneue 8jährige, der für rund 50 EUR dieser Tage auch in die deutschen Fachgeschäfte kommen soll, hat es in sich. 
Von Refill American Oak ist die Rede. Auf fünf verschiedene wood types und maskierendes Hin- und Hergefinishe wird verzichtet. Fein, das bewahrt zu 100% den Charakter der, seien wir ehrlich, dann eben doch wieder geilsten Islaybrennerei. Die Flasche aufgerissen, strömt zunächst Krankenhausgeruch - präzise aus der Gipserei - in den Tastingraum. Dann das übliche Meeres- und Küstengedöns. Wie machen die das, wenn doch Diageo gar nicht alles vor Ort lagert? Mist, Mist, Mist... Nein, nicht in der Nase, da bleibt er frisch. Im Mund dann etwas Süße, aber längst kein Virgin/Bourbon-Vanilleschock. Rauch und alles was dazu gehört. Dabei bleibt der junge Kerl verdammt ausgewogen und immer auf der trockenen Seite - kein (sorry) Crowdpleaser. Langes Finish. 
Fazit: Ja, so lässt es sich feiern! Kein PR-Generve und wochenlanges Abnutzen der F5-Taste. Einfach guter, öliger Whisky in perfekter Trinkstärke (48% Vol.), der eher Luft statt Wasser braucht, und der in offenbar größerer Menge (Ich hörte von 20.000 Flaschen) für nen schlappen Fuffi zu haben ist. Perfekter Körper und elegant trotz aller Kraft. So erinnert der Lagavulin an Clairin, Spitzenmezcals und Kilkerran - ist eben ein Topspirit, der das Niveau der 12yCS mitgehen kann. SO macht man das! Whatadrink!

Freitag, 25. März 2016

Rum von Compagnie Des Indes

Falls Sie sich wundern, dass ich noch nichts zu den Rums der Compagnie Des Indes (CDI) geschrieben habe, hat dieser unrühmliche Zustand nun ein Ende, denn vor ein paar Wochen weilte CDI-Boss Florent Beuchet auf Einladung von Liquidtasting im Münchner Patolli, um eine ausgebuchte Masterclass zu halten. Das habe ich mir nicht entgehen lassen und konnte so einige Infos zusammentragen, um die vielleicht schon bekannten Artikel hier und da zu ergänzen bzw. einige Neuigkeiten anzufügen.
 

Florent Beuchet, der einen Wein- und Absinthebackground hat und zwei Jahre für Banks Rum in New York gearbeitet hat, macht eigentlich nichts Neues: Er kauft Rumfässer aus verschiedenen Quellen, kreiert eigene Blends und füllt besondere Rums als Einzelfassabfüllungen ab. Von letzteren sollen es von 2014 bis zu unserem gemeinsamen Tastingtermin 34 Stück gewesen sein. Respekt. Alle CDI-Rums wurden übrigens nicht kältefiltriert.

Wir beginnen mit einem jungen Blend namens Caraibes. Der besteht aus drei- bis fünfjährigen Melasserums aus drei Ländern - Barbados, Trinidad und Guyana - aber aus 4 Destillerien. Obwohl hier eine Dosage - sprich ein Zusatz von Rohrzucker - von 15 Gramm/Liter zugegeben wurde, ist der Caraibes nicht zuckrig und in Zukunft soll er auch keine Färbung (mittels Farbstoff E150) mehr bekommen. Letzteres hat er auch nicht nötig - schließlich verwendet CDI nur grüne Flaschen. Habe ich schon geschrieben, dass das ein sehr schöner und runder Rum für unter 30 EUR ist?

Absolut brauchbar und absolut nicht langweilig ist der Latino. Ebenfalls ein Rumblend, der zum Großteil aus Guatemala-Rum aus dem Hause Botran/Zacapa besteht, welcher bekanntlich aus sog. Virgin Cane Honey destilliert und in Virgin Oak-Fässern gelagert wird. Der Rest im mindestens fünfjährigen Blend kommt wieder aus den beim Caraibes verwendeten Quellen. Die Lagerung dieser Rums fand aber in Ex-Bourboncasks statt. Der Latino kostet in unseren Breiten derzeit ca. 35 EUR. Auch das ist ein fairer Preis für einen gut gemachten, ungefärbten 40%-Rum (der auch mit 15 g/l Rohrzucker abgerundet wurde). Ist der Im Abgang sogar etwas kürzer als sein Bruder? Egal, ich hab schon viel zu viel über Blends geschrieben...
Aber der nächste Rum ist ja auch wieder ein Blend. Diesmal kommen 5jährige Potstill-Destillate aus den jamaikanischen Betrieben Worthy Park, Monymusk, Hampden und - äh - Wray&Nephew/Appleton (?) in das Blendingfass und werden letztlich auf 43% Vol. reduziert. Die Nachzuckerung beträgt 10 g/l und der Rum heißt passenderweise Jamaica. Feiner Stoff für ebenfalls rund 35 EUR. Mich erinnert er an süßes Gebäck. An dieser Stelle fällt mir noch ein, dass Maitre Beuchet erzählt hat, dass er die Reduzierung auf Trinkstärke in Schritten von 5% pro Woche vornimmt. Beim 57%igen Jamaica Navy Strength geht das also etwas schneller über die Bühne. Dessen Bestandteile sind die gleichen wie in der 43er Version, nur entfällt hier die Nachzuckerung. Kurzum: Ein Jamaika-Potstill-Knaller! (Preis ca. 40 EUR) - Whatadrink!

Sie wissen was sich hinter dem Begriff Batavia Arrak verbirgt? Gut. In Deutschland sind einige hochprozentige Arraks verfügbar, die zur Verwendung in einem winterlichen Heißgetränk durchaus taugen. Aber ein zehn Jahre gelagerter Arrak aus Indonesien? Den hat nur CDI im Programm. Fünf Fässer (Ex-Heaven Hill-Bourbon) konnte sich Beuchet sichern (die genaue Herkunft hält er geheim) und deren Inhalt sind die rund 60 EUR pro Flasche wert. Cremiges Zuckerrohr, Zuckerrohr und Zuckerrohr und dazu Vanille, exotische Gewürze undundund... Die 43% Vol. waren übrigens annähernd die Fassstärke.

Dahinter müssen - zumindest in meiner kleinen, versauten Rumwelt - der grundsolide Barbados Rum von Foursquare (12 Jahre alt, 45% Vol., ca. 60 EUR) und der fruchtig-trockene Haiti aus dem Hause Barbancourt (11 Jahre, 59,4% Vol., ca. 70 EUR) etwas zurückstehen.

Zum Abschluss der Vorstellung kam dann noch ein besonderes Schätzchen ins Glas. Ein Demerararum aus der Port Mourant Still mit 13 Jahren und mit satten 58% Vol. Dieser Guyana kommt - ähnlich wie die Diamond 2003s von Duncan Taylor - mit geringem Holzeinfluss würzig, teerig, ölig und eben spirit driven daher. Um es auf den Punkt zu bringen: Ziemlich geiles Zeug. Ein nicht unbedeutender Whiskyblog hatte ein Schwestercask kürzlich mit Lob überschüttet - ich kann das nachvollziehen. Whatadrink!

Florent war übrigens so freundlich für die Veranstalter ein passendes Tastingpaket zu kreieren, das man hier ordern kann. Was gibt es sonst Neues? Zum einen wird es eine Einzelfassabfüllung nur für den deutschen Markt (Juhu!) und zum anderen einen Nachfolger für den heißbegehrten und längst ausverkauften Boulet De Canon (Ex-Scotch-Whisky-Fassfinish - Talisker) geben. Der Boulet De Canon 2 kommt mit 50% Vol. aus einem Ex-Caol Ila-Fass und wird im April 2016 erwartet. In seinem Lager, so gab Monsieur Beuchet mir bereitwillig Auskunft, hat er aktuell knapp über 30 Rumfässer. Genug also, um uns in den nächsten Jahren weiter zu versorgen. 
Sorgen machen mir aber die Preise. Die Lagerbestände der Destillerien und Caskbroker bei den über 10jährigen Rums sind kaum mehr der Rede wert. Die wenigen "alten" Fässer werden also im Preis weiter steigen und auch CDI wird die bislang moderaten Preise auf Dauer nicht halten können. Galt kürzlich noch der Satz "Rum ist noch viel günstiger als Whisky", so haben die Preiskorrekturen einiger Rumabfüller dies bereits jetzt ad absurdum geführt. Für manch 6- oder 10jähriges Destillat (oder gar für Solera-aged Rum aus der DomRep) werden da doch locker mal 150 bis 250 Euro aufgerufen. Für Anleger und Spekulanten gilt also: Kauft mehr Rum! Für den Genießer gilt natürlich: Trinkt mehr Rum!

Update: Für wirklich raren Stoff muss man auch mal die Portokasse plündern (s. Screenshot).




Kleingedrucktes: Ich wurde zu der o.g. Veranstaltung eingeladen. Niemand hat mich gezwungen diese Lobeshymne zu schreiben. Wahrscheinlich krieg ich auch nix dafür. Mist.

Dienstag, 8. März 2016

Whiskyleaks: Ardbeg Dark Cove (a kind of English version)

After the great success of this post in German, now I try the first (and last) english article here on Whatadrink!, because I do not believe what the online translators are delivering (What an idiot of a blogger, you might think). Please excuse...

 (Merci, Serge! More)

I have written about Ardbeg (The Ultimate Scotch Single Malt Whisky) and collapsing whisky bubbles here on the blog in the past very often - once as a naive fan, once in a more critical way. But getting onto LVMH's blacklist (and not receiving any goodies anymore) must be the independent blogger's aim. During their Bicentenary in 2015 the Ardbeggians brought out some new stuff, but I have not written very much about.

Because of that, I am very happy to report for you about the brandnew Ardbeg Dark Cove. At Munich's whisky fair (where I have not been) someone said, that it will come out end of march. You all know the labels registrated at the TTB in the U.S. of a so-called Special Committee Only Edition 2016 with 55% Vol. and a black labeled with 46,5% Vol. The same procedure as every year...

Last week some of these Committee-only bottles were sold at an auction (for hundreds of Euros) and I could also get one of these bottles. I asked the seller, who bought the bottles and he answered, that one went back to the UK (Bring it home, Buddy), one went to Switzerland (Grützi!) and two bottles went to Stuttgart (the home of Mercedes-Benz, that may be a kind of a german Taiwan or even Singapore). They also tried to sell an empty box, but I do not know the auction result and the origin of the buyer.


(Speculators nowadays sell boxes, too)

The Committee-Dark Cove doesn't come in a box or tube. But it has a small booklet around the neck with some notes about Ardbeg's history during the earliest days of whisky making on Islay (They write: "It was a moonless night..." and "They crept through the woods under cover of darkness..."). So you'll see, what is the heart of the Dark Cove-Marketing: colour! Backlabel: "Its colour is that of copper stills in moonlight" and "For it is Ardbeg's darkest spirit ever.". Official tasting notes - section colour: "The darkest Ardbeg ever.". Well, why do I only talk about that? Because the colour of this spirit (it's "heart has been matured in DARK SHERRY CASKS") is just a very little bit darker than Uigeadail, but it is galaxies away from the 2011 Feis Ile bottling (from two Pedro Ximenez sherry casks, you remember). Do not think about single sherry casks from the 1970s. Darkest ever??? OK, when thinking about the official bottlings from the last three or four years or maybe in a moonless night, but I think that is 100% marketing.
(from the left: Feis Ile 2011, Uigeadail, Dark Cove)


In some german Ardbeg embassies, they will held pre-tasting sessions in march. One of them - Reifferscheid in Bonn - wrote on their homepage, that after lots of Perpetuum in 2015 there will be very very less bottles of Dark Cove on the german market. That's true - until today I count six bottles. Well, an embassador should know the truth, shouldn't he?

What we know after opening my Dark Cove and tasting it with some friends is, that on the nose we have a cold ashtray with a dried vanilla pod lying in it. Dark Cove is sweeter as Uigeadail in the beginning - on the tip of your tongue. The whisky has a small sherry heart that harmonizes very good with the ex-bourbon stuff. The coffee from the official notes is no espresso, but a mild filter coffee with a little bit of sugar and the chocolate is milk chocolate. It is spicy and one taster said, that he remembers smoked blood oranges (a taster with enormous experiences). The smoke fits very well to these flavours and we find a dry and long finish, that is normally not always common with younger whiskies. Air and some water helps! In my eyes Dark Cove is to Uigeadails (from the last five years), what the new Glenmorangie Lasanta (with P.X. matured whisky in the recipe) is to it's older batches. This is a good and very dangerous Ardbeg. Very drinkable. But it is not the big one or even a sherry monster, that some guys are waiting for. 

Update: This Committee bottling was available here in Germany for around 20 minutes. Price: 81 EUR.

If you want some more information and you live in Germany, than ask Moët Hennessy Deutschland GmbH, Seidlstrasse 23, 80335 München, Tel. +49 89 99421- 0  Fax: -500 

(Merci beaucoup, Serge! More more more)

And here the official tasting notes:



With tears in my eyes I tried a translation:

Cold. Whiskey is available at Penny for 10 EUR the bottle
No, there are Blended's with E150
And a blend is not Whiskey? Once again I am getting more clever...
What the hell are Blended's?
And what have Blends to do with Whiskey? A propos, read about the difference of Whisky and Whiskey.
Ardbeg Oogie - and everything is good. Ten for beginners. Nothing more

Update: Here is the brandnew official video...

‪#‎ardbegdarkcoveisthedarkestardbegevertheysaidinadarkdarknight‬

Montag, 7. März 2016

Whiskyleaks: Ardbeg Dark Cove

 (Merci, Serge! Mehr davon hier)

Über Ardbeg (The Ultimate Scotch Single Malt Whisky) und platzende Whiskyblasen habe ich hier öfters berichtet - mal als naiver Fan, mal als kritischer Beobachter, als welcher man auf der berüchtigten Blacklist landen kann und dann auf Samples und Einladungen vom Stammhaus LVMH verzichten muss. Letztlich sollte aber doch gerade dieser Status das Ziel eines unabhängigen Bloggers sein, oder? Zuletzt habe ich mich etwas zurückgehalten, denn es gab selbst zum Bicentenary in 2015 wenig (wirklich) Neues zu berichten.

Gerade deshalb erfüllt es mich nun mit Freude, dass ich Ihnen heute über Ardbegs neuesten Streich, den Dark Cove berichten kann. Bei der Münchner Fachveranstaltung Finest Spirits war kürzlich hinter vorgehaltener Hand zu vernehmen, dass der Dark Cove "Ende März kommt". Die Labels einer sogenannten Special Committee Only Edition 2016 mit 55% Vol. und einer Version mit 46,5% Vol. und schwarzem Etikett kursieren seit Oktober 2015 ja schon auf den einschlägigen Internetseiten. The same procedure as every year...

Letzte Woche tauchten plötzlich einige Dark Cove-Committee-Flaschen (und ein leerer Karton!) auf einer Auktionsplattform auf (Die Endpreise - für die Flaschen - lagen im dreistelligen Bereich). Ich hatte kurz entschlossen einen nicht unbeachtlichen finanziellen Aufwand auf mich genommen, um eine Flasche zu ergattern und für Sie darüber zu berichten. 


(Jetzt wird auch noch mit Verpackungsmaterial herumspekuliert.)

Eine Box oder Tube hat man dem Committee-Dark Cove nicht spendiert. Aber er hat ein Anhängerle um den Flaschenhals. Darin geht es ausführlich um die Frühgeschichte der Whiskybrenn- und -schmuggeltätigkeit am Standort Ardbeg (Zitat: "It was a moonless night..." und "They crept through the woods under cover of darkness..."). So wird der Endverbraucher zur Kernaussage des Dark Cove-Marketing hingeführt: Seiner Farbe. Auf dem Rückenetikett steht geschrieben: "Its colour is that of copper stills in moonlight" und weiter "For it is Ardbeg's darkest spirit ever.". Die offiziellen Tastingnotes befinden unter der Rubrik Colour: "The darkest Ardbeg ever.". Warum ich so darauf herumhacke? Weil ich mir diesen Ardbeg dessen "heart has been matured in DARK SHERRY CASKS" (Quelle: Flaschenetikett) dann doch ein bisschen dunkler vorgestellt habe, als er nun im Glas ist. Bei viel gutem Willen ist er einen Tick darker als ein Uigeadail, aber Welten von z.B. der offiziellen Feis Ile 2011 Abfüllung (aus zwei Pedro Ximenez-Sherryfässern) entfernt (von 70er-Jahre Singlecasks ganz zu schweigen). Darkest ever??? Wenn man die offiziellen Flascherln aus den letzten drei oder vier Jahre nimmt, vielleicht. Ansonsten gilt das nur in einer mondlosen Nacht (und keinesfalls im Mondlicht) und ist 100% Marketing ohne jeden Hintergrund.
(v.l.n.r.: Feis Ile 2011, Uigeadail, Dark Cove)


Kennen Sie die Firma Feinkost Reifferscheid in Bonn? Das ist eine offizielle Ardbeg Embassy. Nichts besonders? Stimmt, davon gibt es inzwischen einige. Hier und da soll es noch im März Pre-Tastings des Dark Cove geben (Googlen Sie selbst oder fragen Sie Ihre nächstgelegene Embassy). Reifferscheid bietet gleich zwei Termine an und schreibt dazu u.a. "...Da aber nach 2015, dem Jubiläumsjahr mit einer großen verfügbaren Menge an Flaschen des Perpetuum, in diesem Jahr leider nur sehr sehr wenige Flaschen des "Dark Cove" auf den deutschen Markt kommen werden,...". Sehr sehr wenige? Nun, die Botschafter sollten es ja wohl wissen.

Was wir nun aber - nachdem ich die Buddel aufgerissen hab und sich ein kleines Tastingpanel darüber hergemacht hat - definitiv wissen ist: Der Dark Cove ist ein gelungener Ardbeg der neuen Generation. Die Nase kommt mit dem bekannten erkalteten Aschenbecher auf uns zu, in den jemand eine vertrocknete Vanilleschote gelegt hat. Ein wenig süßer dann der Start als beim Uigeadail. Das Sherryherzchen ist präsent und bildet eine Einheit mit dem Bourbonstoff. Der angekündigte Kaffee ist vielleicht ein runder Filterkaffee mit etwas Zucker und kein Espresso - und die Schokolade ist eine zarte Milchschokolade statt einer bitteren 100%-Kakao-Tafel. Spicy ist er auch. Ein Tester legt sich auf geräucherte Blutorange fest (Gut, wenn er meint). Der Smoke ist auf jeden Fall gut eingebunden. Hintenraus ist der Darky trocken und scheint dann doch länger als bei U12-Whisky üblich. Ein wenig Wasser und viel Luft tun ihm gut. Hm. Denken wir an Dark Cove und Uigeadails (aus den letzten fünf Jahren), drängt sich mir der Vergleich zu den früheren Batches des Glenmorangie Lasanta und den aktuellen Abfüllungen mit mehr P.X.-Anteil im Blend auf. Fazit: Ein guter, gefährlich süffiger Ardbeg. Der große Wurf, auf den der eine oder andere seit ein paar Jahren wartet, ist er für mich nicht, aber den gab es ja auch zum 2000. Geburtstag nicht (wenn man den 3000-Pfund-1815 mal außen vor lässt). Das von manchem erwartete Sherrymonster ist auch in seinem dunklen und kalten Versteck geblieben. Zum Trost gibt es immerhin die beschriebene exklusive Comedy-Committee-Abfüllung für Liebhaber, Sammler und Spekulanten. 

Wann und unter welchen Voraussetzungen diese wo zu erwerben sein wird und ob es dann wirklich noch eine reguläre 46,5%ige Version geben wird, weiß ggf. der deutsche Vertrieb den Sie hier erreichen können, wenn Sie Aufklärungsbedürfnis haben: Moët Hennessy Deutschland GmbH, Seidlstrasse 23, 80335 München, Tel. +49 89 99421- 0  Fax: -500

Update: Am heutigen 15. März war die Committee-Flasche im offiziellen Onlineshop rund 20 Minuten lang für 81 EUR bestellbar. Die mit offiziellen Probefläschchen und Presseinfos gebauchpinselten ausgestatteten Journalisten, Blogger und sonstigen Whiskypromis durften erst 30 Minuten vor dem Start des Shops ihre Ergüsse verbreiten. Ich hab das diesmal ganz locker ne Woche früher machen können und durfte mich auch kritisch äußern ohne bösen Anruf. Das macht mehr Spaß - oder mehr whiskyfun:
(Merci beaucoup, Serge! Noch mehr davon hier)

Wer statt meinem Gestammel lieber die offiziellen Tastingnotes zu Rate ziehen möchte, hier bitte:
Und zum Abschluss - damit wir noch den letzten Rest vom Niveau über Bord kippen - noch ein besonders gelungenes Unboxingvideo aus den Weiten des Internets und ein Zitat aus einem Internetforum...




Update: Here is the brandnew official video...



#‎ardbegdarkcoveisthedarkestardbegevertheysaidinadarkdarknight‬

Dienstag, 23. Februar 2016

The First Posts For 2016 - heute: Euro Rye Whisky

Wie mir scheint, sind nun alle Whisky/Rum/Spirituosenpreise zum Jahreswechsel vergeben und Ruhe an der Awardsfront eingekehrt, außer irgendein Blogfuzzi packt noch ne "Best Of"-Liste aus. *Gähn* Selbst die ehrwürdigen Malt Maniacs haben bei ihren Awards im Dezember wenig Neues präsentiert: Der beste Sherrywhisky kommt aus Taiwan (klar), Lagavulin, Caol Ila und Amrut können getorftes Zeug machen (auch klar), Irland kann Malt (längst klar) und die besten Tröpfchen kann man in Taiwan kaufen (Hä?). Ja, von den ersten 20 Malts im Ranking wurden geschlagene 11 in Taiwan produziert oder für Taiwan abgefüllt. Tja, so ist das bei einem internationalen Blindtasting. Da gewinnen nunmal die Besten der Besten (die mitgemacht - sprich: die ihren Stoff dort eingesandt haben). Lesen Sie dazu auch Keith Woods Bericht und seine Probleme mit DHL, Importzöllen, Versandkosten usw. Whatadrink! wird daher vorerst keine vergleichbaren Awards veranstalten - versprochen. Aber ich schweife ab...

Eigentlich wollte ich ein paar Worte über Ryewhisky verlieren. Nein, nicht das Zeug, das uns manche fragwürdige U.S.-Craft-Distillery zu gehobenen Preisen übern großen Teich schickt. Nö. Diesmal gehts um Euro-Rye (Ja, ich weiß, dass Sie die Überschrift gelesen haben).

Yeah!, sagt der Amerikaner trotzdem und wir gedenken einem 100%igen, superjungen  Rye im Wildweststyle, der vor ein paar Jahren aus San Francisco zu uns kam: Der Old Potrero. Lange bevor Rye wieder Mode wurde war das. Erhältlich sind, nach einer zwischenzeitlichen Ebbe, in unseren Breiten derzeit 2 Varianten davon - allerdings muss man recht tief in die Tasche greifen (>100 EUR). Aber es ist Asskicking Stuff. Was gibt es also an Alternativen, wenn wir an einen brauchbaren 100%-Rye haben wollen?
Da fällt mir zum einen der Millstone 100 Rye Whisky aus der niederländischen Zuidam Destillerie ein, der sich doch glatt Dutch Single Rye Whisky nennt. A new category is born! Im Ernst: Das ist seriöser Rye. Nicht so brennend hot und metallic, wie manch jüngerer/älterer Ami, aber dafür fruchtig, rye-würzig und ausgereift. Eben in Europa und nicht im heißen Kentucky gelagert. Die 100 steht für 100proof (= 50% Vol.), 100% Roggenmalz und mindestens 100 Monate (> 8 Jahre) Reifung in neuen amerikanischen Eichenfäßchen (Das mit 100% aus Windmühlen lasse ich weg.). Angenehmerweise kann man die 0,7l-Flasche für 50-60 EUR beziehen. Ihnen kommt der Willett-Rye schon zu den Ohren raus? Dann checken Sie mal den Mühlstein. Tip: Es werden hier und da auch über 10jährige Einzelfassabfüllungen verkauft. Die Sherryfass gelagerten Single Malts von Millstone sind auch ganz nett - aber das würde jetzt zu weit führen.
Einen ganz anderen Ansatz verfolgen die Mitbewerber von Vulson Rye, der in der Domaine des Hautes Glaces Alpine Farm Distillery produziert wird. Auch er ist, wie der Potrero und der Millstone, ein reiner Potstill-Rye. Gestartet waren die Franzosen mit dem White Rhino Rye - Alpine Spirit, einem mehr oder weniger ungelagerten (von 18 Monaten ist die Rede) Destillat aus Edelstahltanks mit 41% Vol. Oder sagen wir es so: Das ist/war ein sehr gut gemachter, reiner Roggenbrand. Nun aber gibt es den Old Rhino Rye Whisky. Old? Yes, it's whisky und damit hat sich der Stoff mindestens drei Jährchen in Eichenfässern aufgehalten. Maestro Xavier Padovani hat seine Finger mit im Spiel, was mich zu dem Irrglauben brachte, dass mich dieser feine Herr mit Hintergrundinfos eindecken würde. Nun, trotz mehrmaligem Emailkontakt und Übersendung einer Fragenliste bekam ich nach zweimonatigem Warten immerhin die technical sheets mit den Maßen der beiden hübschen Buddels und den offiziellen Tastingnotes ins Postfach. Was habe ich gelacht. Aber zurück zum Old Rye itself: Ja, das ist jetzt schon was ganz anderes. Der Vergleich mit anderen Metaspirits wie Mezcal, Clairin oder jungem Rum aus der Port Mourant Still drängt sich wirklich auf. Vulson kommt mit Teignoten, frischem Roggenbrot (ach was) und einem Touch Obstbrand daher. Zuerst Mandarinen und Mango und dann noch starker, holzgelagerter Williams aus dem Wallis (kleiner Scherz). Salzstangerln. Ein Rye, der mit 45% Vol. Rückgrat hat und nach einem Mixed Drink schreit. Eine blütenweise Leinwand für einen ambitionierten Mixologen. Blöd, dass der Preis um die 70 EUR (brutto) liegt. Die Leutchen haben übrigens auch nen Single Malt, aber ich wage nicht nachzufragen und Whisky machen in unserem Nachbarland heute eh schon über 40 Destillerien (siehe Karte).