Dienstag, 23. Februar 2016

The First Posts For 2016 - heute: Euro Rye Whisky

Wie mir scheint, sind nun alle Whisky/Rum/Spirituosenpreise zum Jahreswechsel vergeben und Ruhe an der Awardsfront eingekehrt, außer irgendein Blogfuzzi packt noch ne "Best Of"-Liste aus. *Gähn* Selbst die ehrwürdigen Malt Maniacs haben bei ihren Awards im Dezember wenig Neues präsentiert: Der beste Sherrywhisky kommt aus Taiwan (klar), Lagavulin, Caol Ila und Amrut können getorftes Zeug machen (auch klar), Irland kann Malt (längst klar) und die besten Tröpfchen kann man in Taiwan kaufen (Hä?). Ja, von den ersten 20 Malts im Ranking wurden geschlagene 11 in Taiwan produziert oder für Taiwan abgefüllt. Tja, so ist das bei einem internationalen Blindtasting. Da gewinnen nunmal die Besten der Besten (die mitgemacht - sprich: die ihren Stoff dort eingesandt haben). Lesen Sie dazu auch Keith Woods Bericht und seine Probleme mit DHL, Importzöllen, Versandkosten usw. Whatadrink! wird daher vorerst keine vergleichbaren Awards veranstalten - versprochen. Aber ich schweife ab...

Eigentlich wollte ich ein paar Worte über Ryewhisky verlieren. Nein, nicht das Zeug, das uns manche fragwürdige U.S.-Craft-Distillery zu gehobenen Preisen übern großen Teich schickt. Nö. Diesmal gehts um Euro-Rye (Ja, ich weiß, dass Sie die Überschrift gelesen haben).

Yeah!, sagt der Amerikaner trotzdem und wir gedenken einem 100%igen, superjungen  Rye im Wildweststyle, der vor ein paar Jahren aus San Francisco zu uns kam: Der Old Potrero. Lange bevor Rye wieder Mode wurde war das. Erhältlich sind, nach einer zwischenzeitlichen Ebbe, in unseren Breiten derzeit 2 Varianten davon - allerdings muss man recht tief in die Tasche greifen (>100 EUR). Aber es ist Asskicking Stuff. Was gibt es also an Alternativen, wenn wir an einen brauchbaren 100%-Rye haben wollen?
Da fällt mir zum einen der Millstone 100 Rye Whisky aus der niederländischen Zuidam Destillerie ein, der sich doch glatt Dutch Single Rye Whisky nennt. A new category is born! Im Ernst: Das ist seriöser Rye. Nicht so brennend hot und metallic, wie manch jüngerer/älterer Ami, aber dafür fruchtig, rye-würzig und ausgereift. Eben in Europa und nicht im heißen Kentucky gelagert. Die 100 steht für 100proof (= 50% Vol.), 100% Roggenmalz und mindestens 100 Monate (> 8 Jahre) Reifung in neuen amerikanischen Eichenfäßchen (Das mit 100% aus Windmühlen lasse ich weg.). Angenehmerweise kann man die 0,7l-Flasche für 50-60 EUR beziehen. Ihnen kommt der Willett-Rye schon zu den Ohren raus? Dann checken Sie mal den Mühlstein. Tip: Es werden hier und da auch über 10jährige Einzelfassabfüllungen verkauft. Die Sherryfass gelagerten Single Malts von Millstone sind auch ganz nett - aber das würde jetzt zu weit führen.
Einen ganz anderen Ansatz verfolgen die Mitbewerber von Vulson Rye, der in der Domaine des Hautes Glaces Alpine Farm Distillery produziert wird. Auch er ist, wie der Potrero und der Millstone, ein reiner Potstill-Rye. Gestartet waren die Franzosen mit dem White Rhino Rye - Alpine Spirit, einem mehr oder weniger ungelagerten (von 18 Monaten ist die Rede) Destillat aus Edelstahltanks mit 41% Vol. Oder sagen wir es so: Das ist/war ein sehr gut gemachter, reiner Roggenbrand. Nun aber gibt es den Old Rhino Rye Whisky. Old? Yes, it's whisky und damit hat sich der Stoff mindestens drei Jährchen in Eichenfässern aufgehalten. Maestro Xavier Padovani hat seine Finger mit im Spiel, was mich zu dem Irrglauben brachte, dass mich dieser feine Herr mit Hintergrundinfos eindecken würde. Nun, trotz mehrmaligem Emailkontakt und Übersendung einer Fragenliste bekam ich nach zweimonatigem Warten immerhin die technical sheets mit den Maßen der beiden hübschen Buddels und den offiziellen Tastingnotes ins Postfach. Was habe ich gelacht. Aber zurück zum Old Rye itself: Ja, das ist jetzt schon was ganz anderes. Der Vergleich mit anderen Metaspirits wie Mezcal, Clairin oder jungem Rum aus der Port Mourant Still drängt sich wirklich auf. Vulson kommt mit Teignoten, frischem Roggenbrot (ach was) und einem Touch Obstbrand daher. Zuerst Mandarinen und Mango und dann noch starker, holzgelagerter Williams aus dem Wallis (kleiner Scherz). Salzstangerln. Ein Rye, der mit 45% Vol. Rückgrat hat und nach einem Mixed Drink schreit. Eine blütenweise Leinwand für einen ambitionierten Mixologen. Blöd, dass der Preis um die 70 EUR (brutto) liegt. Die Leutchen haben übrigens auch nen Single Malt, aber ich wage nicht nachzufragen und Whisky machen in unserem Nachbarland heute eh schon über 40 Destillerien (siehe Karte).

Freitag, 19. Februar 2016

Whatadrinks exklusives Sample-Set bei Liquid Tasting

Vor einigen Tagen fragte mich einer der Herren von Liquid Tasting, ob ich nicht ein paar meiner Lieblingsschnäpse zu einem Whatadrink!-Tastingset zusammen stellen möchte. Einfach so und ganz ohne Entgelt. Da war ich natürlich sofort dabei.

Liquid Tasting? Was ist das denn? Eine berechtigte Frage. In den letzten Monaten sind einige neue Onlineshops aufgepoppt, die nicht nur flaschenweise Spirituosen verhökern, sondern die sich besonders auf das Abfüllen und Versenden von kleinen Probefläschchen spezialisiert haben. Die gibts dann einzeln, in Sets oder gar im Abo. Die Gräfelfinger Firma Liquid Tasting bietet derzeit verschiedene 5er-Probierpackerl an, die thematisch gruppiert wurden. Einzige Ausnahme bisher: Das Whatadrink!-Set, denn darin sind je ein Rum, ein Rhum, ein Scotch Whisky, ein American Whisky und ein Gin enthalten. Alle fünf zum Genießen, Entdecken und Spaßhaben ausgewählt. Hier ein paar Infos dazu:

Kilkerran WIP IV Sherry Wood, Single Malt Scotch Whisky, 46%

Früher gabs im Städtchen Campbeltown an jeder Ecke eine Whiskybrennerei, was dazu geführt hat, dass Campbeltown noch heute als eigenständige Whiskyregion gilt. Führend ist heute die Springbank Distillery, die mit Hazelburn (3-fach destilliert) und Longrow (getorft) gleich noch zwei weitere mehr oder weniger eigenständige Marken herstellt. Mit Wm. Cadenhead gehört einer der nach meiner Meinung aktuell besten unabhängigen Abfüller von Whisky, Rum und Cognac und die wiederaufgebaute Glengyle Destillerie mit zum Firmenimperium. In letzterer wird der Kilkerran destilliert, der 2015 in der Work-In-Progress genannten Serie als mittlerweile ca. 11jähriger Malt aus Bourbon- bzw. Sherryfässern abgefüllt wurde - ungefärbt und ohne Kältefiltrierung mit 46% Vol. Im Segment der vorherrschenden No-Age-Statement Scotch Whiskys ist das ein wohltuend altmodischer Malt mit ein wenig Rauch. (Bitter)Orange herrscht vor und der Sherryeinfluß (Wurden große Butts verwendet?) hält sich in Grenzen. Nüsse und Tabak. Cremig und Ölig zugleich zeichnet ein langer Abgang den Kilkerran aus. Auch der Pfeffer scheint nicht zu sehr durch. Fazit: Die Sherryvariante entwickelt sich langsamer als die hochgelobte Bourbonfass-Abfüllung, hat aber über die letzten Jahre schon deutlich an Komplexität gewonnen. Ein ehrlicher Sauf- und kein Sammelwhisky und der richtige Einstieg in das Sampleset.

J. Bally Millésime 2000, Rhum Agricole, Martinique, 43%

Ich sehe schon, dass ich viel zuviel labere und zudem schon wie ein Werbetexter klinge. Machen wir es also diesmal etwas kürzer. Der Bally ist ein echter Jahrgangsrum, wurde  und kommt mit dem AOC-Siegel für Rhum Agricole von Martinique - d.h. er ist nicht gezuckert und wird aus frischem Zuckerrohrsaft destilliert. Das Alter wird nicht angeben, dürfte aber bei mindestens 10 Jahren liegen. Im Vergleich mit einigen anderen gelagerten Agricoles, kommt mir der Bally süßer vor ohne jedoch ein Süßrum (wie z.B. Zacapa, Botucal, Don Papa, diverse Rums aus der DomRep etc.) zu sein. Er ist einfach zugänglicher und beinhaltet schöne Noten von tropischen Früchten (Banane, Ananas) zur würzig-trockenen Eiche. Für mich ist er irgendwie ein Dauerbrenner. Schade, dass seine Alkoholstärke mit dem Jahrgang 1998 von 45% auf 43% reduziert wurde, aber das lässt sich verschmerzen. Dafür bestehen zwischen den einzelnen Jahrgängen zum Teil große Unterschiede - die weniger in der Qualität, sondern vielmehr in der Ausprägung der Aromen liegen (also mal fruchtiger, mal würziger, mal mehr Lakritze, mal mehr Eiche, usw.).

Caroni aged 12 years, Extra Strong, 100% Trinidad Rum, 50%

In zwei Worten: Echter Rum! Der Stoff wurde laut Etikett (übrigens dem historischen Erscheinungsbild aus den 1940/1950ern nachempfunden) im Januar 2000 in der kurze Zeit später geschlossenen Caroni Distillery gebrannt und dort 12 Jahre bis zur Abfüllung in 2012 gereift (mehr zur Geschichte finden Sie hier). Bei Caroni wurden in Pot- und Columnstills leichte und schwere Rums hergestellt. Hier vermute ich einen Blend aus den beiden Stilen, denn allzu perfekt erscheint die Balance von Würze, Frucht, Gummi(reifen) und Teer (!). Dazu dezenter Rauch von einem entfernten Holzfeuer am Strand. Rumrosinen natürlich, Trockenfrüchte und überreife Bananen. Ölig und trocken ausklingend. Der italienische Abfüller Velier hat nach eigenen Angaben noch Vorräte für ca. fünf Jahre. Wenn Ihnen dieser Rum mundet, sollten Sie also jetzt über die Anschaffung der ein oder anderen Flasche nachdenken. Im Moment ist einiges am Markt verfügbar.


Alambic's Special Caribbean Gin, Single Cask Super Premium Scotch Gin, 65,6%

Gin wird zur Zeit ganz einfach zu Tode geritten. Ländergin, Städtegin, Dörfergin, Terroirgin und Gin, der sich nur über Packaging definiert. Dazu Selleriegin und neu (!) Elderflower Potato Gin. Längst gibt es in Europa über 1000 verschiedene Gins zu kaufen. Ginologe muss ein anstrengender Beruf sein. Ein Trend ist auch fassgelagerter Gin. Meist beschränkt sich die Lagerzeit aber nur auf ein paar Wochen. Wirklich aged ist der vom Abfüller Alambic Classique verkaufte Gin, der mir (noch) in einer 13jährigen Version vorliegt (wad! hat bereits zweimal darüber berichtet und das Ding ausgiebig beschrieben). Mein Lagerbestand an 2011er Flaschen geht aber langsam zur Neige. Aktuell sind die 15- bzw. 16jährigen, die ebenso die beschriebene Kräuternote mitbringen und mal mehr und mal weniger Citrus abbilden. Mit jeweils über 60% Vol. sind das echte Ginbomben. OMG! Der gibt dem Affen ordentlich Zucker (wenn Sie wissen, was ich meine). Probieren Sie ihn ruhig pur mit ein paar Tropfen Wasser, die Sie wie die Maltfreaks mittels Pipette zugeben. Sie werden merken, wie sich das Destillat verändert und in der Nase und auf dem Gaumen noch mehr Kräuternoten zum Vorschein kommen.

Booker's Kentucky Straight Bourbon Whiskey, 63,2%

1. Das ist das Beste, was Jim Beam aus seinen Whiskyfabriken und Lagerhäusern auswirft. 
2. Zusammen mit Blanton's von Buffalo Trace gehört der Booker's zu den Pionieren der Small Batch Bourbons (hier ca. 250-300 Fässer je Batch). 
3. Der Juice ist je nach Abfüllung zwischen sechs und acht Jahren alt. 
4. Die Alkoholstärke von über 60% schreit - auch bei geübten Trinkern - nach etwas Wasserzugabe (Pipette).
5. Kann man so trinken, sollte man aber auch in einem schön gerührten Old-Fashioned genießen. 
6. Beam hat zuletzt eine neue Nummerierung seiner Batches eingeführt. Statt etwas krytischen Kürzeln wie z.B. C00-K-15 o.ä. bedient man sich nun simpler 2015-01, 2015-02 usw. Blöd nur, dass es parallel eine Reihe von Sonderveröffentlichungen gibt, die gleichermaßen durchnummeriert und dazu mit einem lustigen Namen (z.B. 2015-02 Dot's Batch) versehen sind. 
7. Achso, zum Bourbon itself: Geben Sie der Nase Luft (und etwas Wasser), dann erschnüffeln wir die berühmten Sägenspähne, Vanille, Kokosnuss, Eiche (of course) und auch etwas Marzipan. Dann Orange, Zimt (!), Ingwer und Kokos. Big Bourbon for big boys.

Dieses tolle (?) Sampleset (5x 4cl) können Sie hier bestellen. Whatadrink! (oder auch nicht).